Dienstag, 23. Februar 2010

Neu.de

Meine Meinung über Online-Singlebörsen hatte sich bereits vor einigen Jahren irreparabel in meinen Kopf gebrannt: Wer sich im Cyberspace in Sachen Liebe versucht, scheint schwer vermittelbar in der realen Welt – und das aus gutem Grund!
Nach einigen ziemlich enttäuschenden Belegen für diese These beschloss ich, dem Internet jegliche Chance auf ein Eingreifen in meine Flirtaktivitäten zu verweigern. An diesem Prinzip hielt ich auch eine ganze Zeit lang fest – bis eines Abends das Telefon klingelte und S. mir etwas überschwänglich von einem virtuellen Hottie berichtete, auf den sie im WWW gestoßen war. Zu meiner Verwunderung war S. selbst seit einigen Wochen Mitglied einer natürlich äußerst vielversprechenden Singlebörse, die multimedial mit der Geiselnahme all der verschollenen Seelenverwandten prahlt.
Nach einer langen Debatte über den Grund ihres Portalbeitritts und einer ausführlichen Bewertung des Sixpacks vom blonden Surferboy, entschloss ich kurzerhand meine Prinzipien für eine Woche über Bord zu werfen und klickte mich nur wenige Minuten später durch die Bildergalerie des Online-Flirtportals. 
Entsprechend meiner äußerst niedrigen Erwartungen switchte ich von einem Pseudo-Profil zum nächsten; stets getreu dem Motto:
Image ist das, was man braucht, damit die anderen denken, dass man so ist, wie man gerne wär.
Der Ausschuss scheinbar Bindungs-minderbemittelter Internetlover präsentiert sich dort von seiner besten Seite – jeder zeigt eine perfektionierte Version seines Ichs und geizt erst recht nicht mit herausragenden Eigenschaften, Hobbies oder einer mehr oder weniger reflektierenden Selbsteinschätzung.
Plötzlich tummeln sich männliche Wesen, die Spaziergänge an Sonntagen lieben und Treue und Ehrlichkeit als ihr Steckenpferd sehen, neben hocherotisierenden Frauen, deren Schmerzgrenzen bis aufs Niedrigste heruntergefahren zu sein scheinen und die eine schier grenzenlose Kompromissbereitschaft anbiedern – Es könnte das Eldorado der Pärchenfindung sein…

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