Freitag, 31. August 2012

Einzelzimmer mit Poolblick II


Als ich den Salon zum Frühstücksbuffet betrete, kleben die Blicke erst an mir, dann auf der Pendeltür, die ich mit meinem Eintritt zum Schwingen gebracht habe. Nicht unbedingt, weil ich das viel zu teure, neue Kleid aus der kleinen Boutique in der Altstadt trage (feinste Seide, hauchzarte Träger und ein Saum, der meinem Knie von oben herab süffisant zulächelt), sondern weil niemand folgt. Es kommt keiner mehr. In meinen Gedanken sehe ich mich die brötchenschmierende Horde von Zweiertischen hysterisch anschreien: „Ganz richtig: Ich werde allein frühstücken! Und ich bin froh darüber!“
Um ehrlich zu sein, bin ich das wirklich. Vor dem Mittag bin ich kein kommunikativer Mensch. Es braucht seine Zeit, bis sich mein Verstand wachgerüttelt hat und die so klug klingenden Sätze meine Lippen passieren können. Während sich mein Intellekt also hochfährt, genieße ich die Stille.
 

Und doch hat alles zwei Seiten: Die gute ist, dass du allein einschläfst – und aufstehst. Die schlechte ist, dass du, solltest du zwischendurch aufwachen, niemanden hast, mit dem du dir die Zeit bis zum wieder Einschlafen vertreiben kannst. Dann gibt es nur dich und die Decke. Oder wahlweise das Fenster – mit seinem sternenklaren Blick in die unendliche Nacht.

Mittwoch, 29. August 2012

Einzelzimmer mit Poolblick



Der Mensch ist zweisam. Allein, weil die Natur das so vorsieht.
Es ist ein urbaner Mythos, dass Berlin eine Single-Hauptstadt ist. Genauso wie die unzähligen vielversprechenden Cluburlaube in Südeuropa. Denn wir treffen sie überall: zu zweit. Egal, ob an der Kasse im Supermarkt, im Spätkauf oder in der Hotel-Lobby. Ich bin knapp sechshundert Meter, entlang halsbrecherischer wie todesmutiger Serpentinen, über den Meeresspiegel gefahren – sexy Aussicht, laszive Poollandschaft. Doch auch das muss ich teilen; mit Pärchen, Eheleuten und jenen, die die ihrige retten wollen.
Während die Doppelzimmer eine romantische Panaroma-Sicht auf den Gardasee bieten, starre ich aus meinem Einzelzimmer-Fenster direkt auf die Poolbar. Ist das gut gemeint oder ein zynischer Wink?
Als ich mein Bett bemängele (Auf diesen Federn lässt sich noch nicht einmal zu zweit Spaß haben!) entgegnet mir Elena, die Rezeptionistin, wie folgt: „Wir sind leider nicht auf Singles eingestellt.“ Bäm. Da ist sie. Die bittere Wahrheit. Zusammen mit ihrem mitleidigen Blick katapultiert mich diese Aussage in einen tiefen Kerker der einsamen weil verlassenen Seelen. Weil ich nicht mit meinem Fast-, Schon- oder Noch-Ehemann angereist bin, muss ich also auf chloriges Wasser schauen und mir die House-Hits der aktuellen Charts Nacht für Nacht in den Ohren dröhnen lassen? Ich denke nicht, dass sich das in einen plausiblen Kontext setzen lässt.