Freitag, 15. März 2013

Es gibt immer etwas (anderes) zu tun


Hin und wieder komme ich an den Punkt, mich zu fragen, ob sie nicht genetisch bedingt ist: Disziplin. Denn dann könnte ich mich zwischen langen Durststrecken der Motivation und Weinglas-hohen Stapeln ungeöffneter Rechnungen mit medizinisch gutem Gewissen dieser Gretchenfrage entziehen. Doch bislang forschte die Wissenschaft wohl nicht gründlich genug in diesem Bereich. So passiert ist, dass ich mich mit der Tatsache auseinandersetzen muss, ein nicht besonders disziplinierter Mensch zu sein. Und dieses Label kratzt schrecklich auf der Haut!


Es ist nicht so, dass ich nicht für etwas brennen könnte. Das kann ich. Und wenn, dann lichterloh – mit Funkenflug und ewig glimmender Glut. Doch leider gehört das Begleichen der jährlichen Nebenkostenendabrechnung nicht zu den Auslösern. Das soll nicht heißen, dass ich glaube, dass das tatsächlich etwas sein könnte, das mit Euphorie zu verrichten wäre. Aber es gibt ja durchaus Menschen, die es mit innerer Zufriedenheit erfüllt, wenn sie hinter den Punkt „monatliche Fixkosten“ ein Häkchen setzen können. Mich machen diese länglichen Briefumschläge mit den kleinen Adressatenfenstern missmutig. Überhaupt ähnelt die Checkliste meines Lebens eher dem exzentrischen Moodboard eines taiwanischen Modedesigners als einem strukturierten Marketing-Guide für langfristige Zufriedenheit.
Und obwohl ich mir dessen sehr wohl bewusst bin, bringe ich es nicht übers Herz, das Gekritzel in eine Reihenfolge zu bringen. An ganz dunklen Tagen klebe ich einfach ein riesiges, mintgrün leuchtendes Post-it darauf: „Morgen!“ Und beginne eine neue Leinwand. Dass das weder gesund für meinen Geist, noch für meine kontinuierlich ausstehenden Lebenshaltungskosten ist, wird klar.
Packt mich dann der große Zweifel und zieht mich an den frisch gekurten Haaren, ist das Gejammer groß. Weil die Uhr plötzlich tickt, so laut. Und da das Schreiben ist, das bis vor einer Woche...und der Abholschein! Ein Paket? Verdammt, die Lagerungsfrist ist abgelaufen. In diesen Momenten schwöre ich mir, aufmerksamer zu sein, disziplinierter. Bis es an der Tür klingelt und durch die Sprechanlage die verführerische Einladung auf einen Kaffee im neuen Café ertönt – den Rest mach ich dann später...

Samstag, 9. März 2013

All-inclusive: Frühstück im Bett



Es ähnelt ein bisschen der morgendlichen Wahl zwischen Erdbeerkonfitüre und Schokoladenaufstrich – jedes Mal ein nervenaufreibender Akt der Unentschlossenheit und absolut überflüssig: die Tatsache, dass wir manchmal so sehr damit beschäftigt sind, uns selbst zu suchen, dass wir völlig übersehen, vielleicht bereits gefunden worden zu sein. Und der, der gefunden hat, ist zu sehr damit beschäftigt nach etwas anderem zu suchen. Weil das, was er gefunden hat, nicht das war, wonach er gesucht hatte.
So drehen wir uns nicht nur im eigenen Kreis, sondern laufen auch Gefahr, den Anschlussmoment zu verpassen. Diesen einen Augenblick, in dem weder gesucht noch gefunden, sondern plötzlich entdeckt wird. Wenn alles kurz aufhört zu wirbeln. Und wir das Mosaik für seine Bunte bewundern können – ganz ohne Rahmen, Rand oder Ende. Wenn nichts mehr Sinn ergeben muss. Weil es das bereits tut.
Warum wir uns so oft so kontinuierlich verpassen? Keine Ahnung. Wir Menschen sind nicht die schlausten. Weil wir denken, wir wüssten es besser. Glücklicher Weise reichen uns Schicksal, Karma & Co. ab und an gern eine helfende Hand. Und wenn uns der Zufall ins Gesicht springt, können wir gar nicht anders als die herzige wie hitzige Situation am gelockten Schopf oder frisch gestärkten Hemdkragen zu packen!
Und wachen wir am ersten Morgen ohne falsche Wimpern auf, mit dem Sausen im Kopf vom Wein und dem angenehmen Vertigo überall sonst von all dem anderen, dann ist da alles, was wir wollten – ohne auch nur jemals die leiseste Ahnung gehabt zu haben, dass es das sein würde: Honig statt Marmelade, Tee statt Kaffee. Und die Hand, die uns all das reicht – nicht die der kosmischen Fügung oder Vorsehung, sondern von vertrauten Armen, Augen und einem Mund, der uns versichert, dass es gut ist.