Sonntag, 29. Januar 2012

Zwei Karten für Zsa-Zsa-Zsu, bitte! oder: Weil das Leben auch keinen Oscar kriegt


Gute Filme sind selten. Die meisten enttäuschen mit einer platten Rollenbesetzung und einem noch platteren Plot. Dazu kommen ein meist mieser Soundtrack und grausame Kamerafahrten. Doch das Problem an schlechten Filmen sind nicht die Filme selbst, sondern es ist die Tatsache, dass wir sie uns erst anschauen müssen, um am Ende zu wissen, ob sie uns gefallen oder nicht.


Nach einigen Jahren mit Hollywood, hier und da ein paar französischen Bewegtbild-Aufnahmen und zahlreichen Action-Streifen mit übermäßigem Pengpeng hat sich meine Leidenschaft für die Kunst der Filmrollen nicht nur verstärkt, sondern durchlief auch eine Art Filterungsanlage: Ich weiß jetzt, dass mich Komödien in neun von zehn Fällen nicht zum Lachen bringen, Dramas vielleicht dramatisch, aber mir in der Regel zu langatmig sind und sowieso alles, worin Daniel Craig (oder wahlweise Ashton Kutcher) zu sehen ist, für mich und meine optische Wahrnehmung schlichtweg nicht in Frage kommt. Gleichermaßen konnte ich jedoch ebenfalls beobachten, dass Jack Nicholson ein fast ausnahmsloser Garant dafür ist, dass ich mir den Film mindestens drei Mal in unmittelbarer Reihenfolge hintereinander ansehen werde und alles, was in den 90ern aus Quentin Tarantinos Feder entsprang, meine bedingungslose Liebe verdient.
Und weil ich darum bemüht bin, meinen gedanklichen Filme-Filter hin und wieder um ein paar Schubladen zu erweitern, finde ich mich also an einem Samstagabend an der Kinokasse wieder, wo mich eine schüchterne Stimme unter einem dunklen Cap fragt: "Welchen Film möchten Sie denn sehen?" 
Ich bin mir unschlüssig. Die aktuelle Daniel-Craig-Sache fällt schon mal weg, genau wie alles mit buntem Cover und affektiert lachenden Gesichtern. Nach einem kurzen Brainstorming zwischen meinem geistigen Filmkritiker und der Sammlung an bereits Gesehenem und dem daraus resultierenden Erfahrenen befinden sich zwei Filme in der engeren Auswahl: Ein brutaler Mafia-Thriller mit Ryan Gosling in der Hauptrolle konkurriert mit einem politisch angehauchten Verschwörungs-Krimi. 
Meine Augen schnellen auf die FSK-Angabe: Verschwörerische Politik gibt es bereits für alle ab 12, Ryan Gosling darf man sich erst mit 18 ansehen – ein Dilemma, für das das Leben keine bessere Metapher hätte finden können. Denn die Frage des Kassierers sollte eher lauten: "Welcher Film wird Sie glücklich machen?" 
Ich habe den Trailer bereits gesehen: Ryan Gosling mit spektakulären Autostunts, bösartigem Gemetzel und einer musikalischen Untermalung, die schon jetzt zu meinem Jahresliebling 2012 gekürt wird. Ich habe bereits unzählige dieser Trailer gesehen. Und die Filme, die dahinter steckten, waren immer aufwühlend, actionreich und haben mich stets sofort gepackt – bis der nächste kam. Auf der anderen Seite steht der Film, der mit großer Sicherheit in einem Happy End münden wird; vielleicht ab und an mal ein paar unterhaltende Schockmomente bereit hält, aber keinesfalls die Rate der Hand-vor-die-Augen-Momente des Mafia-Thrillers übertreffen wird. 
Was also wollen wir? Eine realistische Bebilderung entsetzender Tatsachen, mit viel Situationskomik und einem appellierenden Sarkasmus, jedoch geschwächt durch eine eher mittelmäßige Charakter-Besetzung oder einen wortkargen, psychisch völlig verworrenen Stuntman, der bei phänomenaler Musik abwechselnd mit Schraubenschlüssel und Messer Mafia-Mitglieder blutig niederschlägt? Ein rundum gutes Kino-Nachgefühl steht einer (wenn auch nur kurzweiligen) Gefühls-Achterbahn der „Oh mein Gott!“s und „Er kann doch nicht!“s gegenüber – wobei Zweiteres arrogant grinst. Tatsache ist, wir müssen uns entscheiden. Und das zeitnah, sonst sind die guten Plätze vielleicht schneller ausverkauft, als wir Zsa-Zsa-Zsu sagen können.

Mittwoch, 25. Januar 2012

Von Eseln, Yoga und dem inneren Ich



Ein mir bekanntes und dazu bemerkenswertes Mädchen stellte letztens eine wirklich weise Frage: Ausgeglichen lächeln oder dramatischer Wimpernschlag?
Noch vor einem Monat hätte ich diese Frage stirnrunzelnd mit einem abfälligen Zischen in die „Was für eine Frage?“-Schublade geworfen. Weil ich fest davon überzeugt war, dass Mädchen mit Hang zur grenzenlosen Dramatik das aufregendere Leben führen. Jetzt sehe ich das noch immer so – habe aber angefangen, zwischenzeitlich ausgeglichen zu lächeln.

Ich bin kein Yoga-Fan. Auf der Matte zu sitzen und die Hände im Schoß zu falten macht mich aggressiv. Ich habe das ausprobiert – und war keine Freude für Lehrer und Kurs. Aber ich habe den Sinn verstanden: Zu sich selbst zu finden ist ein manchmal wirklich unkomfortabler Weg, aber er lohnt sich. Und ich meine nicht das Ich, welches wir tagtäglich versuchen, aufrecht zu erhalten – vor Kollegen, dem Gemüsehändler oder dem Spiegel im Club, wenn wir den Lippenstift noch mal nachziehen. Sondern das tatsächliche Ich. Das, was sich unter der perfekten Blondierung befindet, sich hinter dem XXL-Schal versteckt und dessen Füße elf Stunden am Tag in High Heels durch die Gegend stöckeln. 
Auf dem eher holprigen Pfad, diesem Ich in die Augen zu schauen, kommt man irgendwann an die Kreuzung: Lass ich das jetzt einfach so oder änder ich was? Selbstgefällig und egozentrisch, wie ich es in der Regel halte, habe ich mich über einen unüberschaubaren Zeitrahmen hinweg für ersteres entschieden. Und dagegen möchte ich auch keinerlei Einwand erheben. Nur im Jetzt und der Zukunft öfter mal über die mir offen stehenden Optionen nachdenken – um dann vielleicht die ein oder andere doch zu ergreifen. 
Wir sollten nichts ausschließen, nur weil wir es schon immer ausgeschlossen haben. Natürlich: Manchmal ist ein Esel nur ein Esel. Aber wissen wir, wohin er uns bringen könnte?

Montag, 23. Januar 2012

Euphorische Gelassenheit

 

Missglückte Ereignisse meines Lebens haben mich eine Hand voll Dinge gelehrt. Vor allem wohl, dass ich nicht fähig bin, professionell mit ihnen umzugehen. Stattdessen suche ich verzweifelt den Stecker, den ich ziehen kann, um der bunten Beleuchtung drum herum den Saft abzudrehen. Was ich nicht sehe, existiert nicht – dafür danke ich dem naiven Teil meines Gehirns.
Doch nicht nur meine infantile Art der Problembewältigung resultiert aus diesen Negativ-Erfahrungen. Auch die Erkenntnis, dass sie mit steigender Erwartung im Vorfeld letzten Endes einen größeren Schatten werfen. Ganz klar: Je höher wir klettern, desto tiefer der Fall. Für diesen Geistesblitz muss man nicht zwingend das Matterhorn bestiegen haben. Und trotzdem scheint es eine unüberwindbare Differenz zwischen mir und dieser logischen Schlussfolgerung zu geben. Denn ich bin grandios im Ausmalen präfaktischer Details. Bereits vor dem ersten Wort kann ich mir das Ende des Satzes denken. Ich schiebe das nicht aufs Sternzeichen – die halte ich allgemein für absolut überbewertet. Ich denke, es ist angestautes und unbenutztes kreatives Potential. Und das braucht ein Ventil.
Ich habe jetzt angefangen, meinen Kleiderschrankinhalt abwechselnd nach Farben, Formen und Schnitten zu sortieren – und mir die Erkenntnis rund um das vorzeitige Kreativspinnen zurück in den aktiven Bereich meines Frontallappens gezogen. Von dort aus kann es dann ganz selbstverständlich in die prognostizierten Handlungskonsequenzen einfließen.
Das Fazit? Keine Erwartungen, ruhiger Puls. Und ich hatte ganz vergessen, dass ich dieses Kleid habe – blau und ungetragen.

Dienstag, 17. Januar 2012

Reset

„…ein Vorgang, durch den ein elektronisches System in einen definierten Anfangszustand gebracht wird. Dies kann erforderlich sein, wenn das System nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert und auf die üblichen Eingaben nicht reagiert.“
Ich weiß gar nicht, wie lang ich gebraucht hätte, diesen Knopf zu finden. Dabei hing ich schon eine doppelte Ewigkeit fest. Im Kopf hatte ich ihn schon gefühlte Millionen Male gedrückt. In der Realität sah das bedauernswerter Weise anders aus. Bedauernswert zum einen, weil ich technisch gesehen eigentlich über ein eher überdurchschnittliches Wissen verfüge. Zum anderen, weil ich doch nahezu besessen davon bin, selbst „aufs Knöpfchen zu drücken“. Dieser Spaß wurde mir nun abgenommen. Und damit auch eine endlose Liste an Entscheidungen. Fühlt sich gut an. Irgendwie. Vielleicht. 

Sonntag, 15. Januar 2012

Wir würden gewusst haben


Wir wissen nicht, was wir hatten, bis wir es nicht mehr haben? 
Davon bin ich nicht überzeugt. 

Ist doch das Verlust-Gefühl nur das Symptom eines Mangelzustandes: Wie bei einem langanhaltenden Überkonsum alias uneingestandenes Suchtproblem setzen die ersten Erscheinungen des Entzugs sehr bald schon nach dem Absetzen der Substanz ein. Und das nicht aus dem Grund, unsere innere Stimme aufschreien zu lassen, die uns folglich von der Wichtigkeit und Besonderheit des nun nicht mehr Existenten zu überzeugen versucht, sondern allein aus niederen kausalen Bestimmungen der Abhängigkeit. Weil wir uns über den Zeitraum hinweg daran gewöhnt hatten; unsere Hochs und Tiefs mithilfe dessen durchstanden, weil es uns an den richtigen Stellen betäubte und an den noch viel wichtigeren dieses Kribbeln verursachte. 
Und hätten wir nicht bereits währenddessen bemerkt, dass es ist, so wüssten wir nicht, was wir vermissen würden. Also kann ein nachträgliches Sehnen nicht wahrhaftig sein, waren wir uns nicht schon vor dem Verschwinden des zu Vermissenden bewusst.

Ähnlich verfälscht hält es sich mit der Glorifizierung dessen, was nicht mehr ist. Während wir im aktiven Sein-Zustand bereits nur begrenzt fähig sind, es zu charakterisieren und werten, wird es mit seinem Verlust quasi unmöglich, objektiv über Pros und Contras zu entscheiden. Wie auch? Ist das zu Beurteilende doch nicht mehr greifbar.
Die Grenze zwischen Gutem und Schlechtem verwischt mit der voranschreitenden Zeit - so sehr, dass wir Gefahr laufen, das Negative nicht mehr als solches erkennen zu können. Dann beginnt die Kreation einer völlig neuen und eigenständigen Gedankenwelt, gespickt mit Gefühlen, Visionen, Hätte und Wenns, mit naivem Augenverschließen und schwachsinnigem Endlos-Hoffen.

Ehe wir uns versehen, hängen wir an Unnötigem, verteidigen Gedankenloses und finden uns in einem Kreislauf wieder, den zu durchbrechen unmöglich scheint. Aber das wussten wir ja.

Freitag, 13. Januar 2012

"Eloquenz, Witz und Talent"


Es ist nicht bewiesen, dass Karma ein Gesetz ist. Dass es sich, ähnlich wie die Schwerkraft, einer unumstrittenen sowie äußerst sinnvollen Existenz erfreut. Niemand presste es in eine Formel. Aber da auch physikalische Gesetzte erst nur auf Thesen basierten, bin ich guter Hoffnung. Und glaube.



Karma ist das, was wir meist als Rechtfertigung für die Missgeschicke verwenden, die uns auf dem Weg zu x oder y widerfahren. Oder das, was uns als Fratze der Realität ins Gesicht starrt - und uns unumgänglich dazu auffordert herauszuschreien: "Warum ich?" Um es im gleichen Atemzug zu beantworten. Es ist vieles: Lebensweisheit, Motivation, einziger Strohhalm. 
Doch vor allem wirkt es wohl beruhigend. Weil wir davon ausgehen dürfen, dass eine moralische Instanz über uns richtet, die keinesfalls von Staat oder Religion inszeniert ist, sondern sich als freigeistliches Verständnis in die einzelnen Bahnen menschlichen (Nach-) Denkens schiebt. 
Also können wir uns getrost zurücklehnen, das Schirmchen im Glas drehen und die ausgleichende Gerechtigkeit einen Höheren verteilen lassen. Oder aber wir malen uns aus, wie wir, in Karmas Schuhen steckend, den ein oder anderen für seine ausschweifende und vor allem nicht akzeptable Lebensführung bezahlen ließen. Doch werden wir nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Die eigene Miese-Punkte-Liste auf diese Weise weiterhin in die Höhe zu treiben, wäre mehr als nur Ironie.

Doch was ist mit denen, die dem Ironischen nicht mächtig sind? Die das Brauenzucken ignorieren und gar nicht erst erkennen, dass es ausgesprochen wertlos ist, den Handlanger des Karmas zu mimen, nur um eigenen, ebenfalls verwerflichen Groll zu befriedigen? Dieser Ausdruckstanz eines getroffenen Egos lässt die Nadel unweigerlich ausschlagen. Denn niemand ist der Materie des Karmas so nah, um persönlich über Ausnahmen zu feilschen. Noch nicht einmal das schöne Schwabenland.

Sonntag, 8. Januar 2012

Konsequenter lügen, mehr rauchen und nicht mehr so nett sein


Wer zum Teufel hat eigentlich diese verlogene Sache der guten Vorsätze eingeführt? Oder besser: Wer verdammt hält sich daran? 


Es gibt immer die gleichen leeren Worthülsen, die auf die Frage folgen, was wir nächstes Jahr besser, nicht mehr oder viel öfter machen werden – zumindest wollen. Erst mal. Dann schiebt sich der kleine Zeiger über die große Zwölf und wir wissen: Wir werden es nicht tun. Wir werden es nicht besser machen, es nicht lassen und anderes schon gar nicht häufiger tun – jedenfalls nicht in den ursprünglich geplanten Anwendungsgebieten.
In den letzten Sekunden des Jahres habe ich die vergangenen zwölf Monate im bunten Schnelldurchlauf Revue passieren lassen. Und mir fiel auf: Es gibt in der Tat einige Dinge, die ich wenn auch nicht besser, aber dennoch anders machen könnte.
Zum Einen wäre da die Sache mit der Wahrheit. Wie weit kann es uns bringen, ehrlich zu sein? Natürlich nicht in eine aufrichtige Verlängerung, sollten wir es nicht im großen Stil veranstalten. Und dennoch ist es ab und an nicht ganz ohne Nutzen, mit Wahrhaftigem eher sparsam umzugehen. Das wäre auch eher Zurückhaltung von Informationen, nicht direkt Lügen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass das Vorenthalten ausgewählter Tatsachen nicht zwingend ein gebrochenes Gebot oder gar Sünde ist, sondern vielmehr zum Selbstschutz dient.
Ein anderer Punkt: Wein, Zigaretten und all das Teufelszeug. Tragen sie vielleicht nicht unbedingt zur körperlichen Gesundheit bei – bringen sie dennoch nachweislich ein paar Bereiche im Gehirn zu höchst kreativer Leistung. Und was der wortgewandten Seele gut tut, sollte unterstützt werden. Absolut.
Und der letzte Punkt, der mich in meinem Jahresrückblick kurz zum Stoppen brachte, ist meine Verschwendung von Freundlichkeit. Nicht jene, die aus tiefstem Herzen kommt, sondern jene, die völlig falsch und heuchlerisch ist. Denn: Ja, ich heuchle. Manchmal, weil mir alles andere zu anstrengend ist. Und manchmal nur, weil ich mich vor einer Haftstrafe wegen schwerwiegender Körperverletzung schützen möchte. 
Aber vor allem, weil mir Anstand und Freundlichkeit ins Blut geimpft wurde. Was einer völligen Doppelmoral gleicht: Sollte gutes Benehmen doch Positives nach sich ziehen. Tut es aber nicht. Weil wir Menschen sind. Und der Mensch nicht für Aufrichtigkeit geschaffen wurde.
Zusammengefasst bedeutet das wohl Folgendes: Für 2012 nehme ich mir fest vor, meinen persönlichen Bedarf an Selbstschutz zu erhöhen, offensiver Kreativität zu fördern und menschlicher zu sein.