Sonntag, 26. Dezember 2010

Es geht um Schmerz.

Es ist immer das Gleiche. Egal ob mit 14, 24 oder noch älter; nur vergessen wir es einfach. Aus Selbstschutz? Oder vielleicht gerade deswegen - weil wir es nie wieder zulassen würden, könnten wir uns erinnern.
Dabei geht es doch um Erkenntnis, um das Bewusstsein. Es geht um Einsicht und Aussichtslosigkeit; um Verzweiflung und ums Weitermachen. Es geht um Ignoranz und Wut; um Selbstsucht und -aufgabe. Es geht ums Vergessen und ums ewig Erinnern; um Liebe und Leiden. Es geht um Irre und Wahnsinn; um Verständnislosigkeit.
Es geht um das Warum, wenn es um Schmerz geht.

Dienstag, 9. November 2010

Das Ende, die 251.!

Wenn wir irgendwann an den Punkt kommen, dass es nicht mehr geht, so wie es bisher ging, und dass es nicht mehr läuft, so wie es bisher lief, dann brechen wir es ab. Zumindest nehmen wir uns das vor.
Einmal. Zweimal. Auch ein zehntes Mal.
Warum aber bleiben wir so oft im selben Dilemma, wenn wir genau dieses doch eigentlich gar nicht mehr aushalten? Haben wir Angst, uns könnte nichts Besseres passieren? Und was noch viel wichtiger ist: Kann es sein, dass es das vielleicht tatsächlich nicht wird?

Dienstag, 19. Oktober 2010

Deine Kleine ist zauberhaft, Hubbell.

You think you're easy? Compared to what, the Hundred Years' War?
Wenn Robert Redford und Barbra Streisand als Hubble und Katie den vermeintlichen amerikanischen Traum auf den Bildschirm bringen, geht es dabei nicht ausschließlich um den Kommunismus, Snobs und herausgezogene Krause.
Ladies, I'm having an epiphany: The world is made up of two types of women – the simple girls and the Katie girls.
Das Grundproblem der beiden ist also weder der Tod Roosevelts, noch ein zu labbriger Schmorbraten. Es ist das Katie-Phänomen.


Montag, 18. Oktober 2010

Viel hilft nicht viel.

Wenn man erst mal dahinter gekommen ist, klingt es eigentlich ganz simpel. Man könnte davon ausgehen, vieles im Leben würde nach dieser Erkenntnis leichter und eine der existenziellen Rätsel des Mann-Frau-Konflikts sei wie durch Zauberhand gelöst. Naja, fast.
Irgendeine sehr, sehr kluge Vertreterin des weiblichen Geschlechts stellte einmal die These auf: Wenn eine Frau ein Date will, benötigt sie nur eins – und zwar ein anderes Date.
Was im ersten Moment stark nach Paradoxon klingt, erweist sich im täglichen Single-Dating-Alltag als Überlebensmotto. Halte dich daran und du wirst Glück erfahren!
Von dieser Tatsache ausgehend, komme ich zu der Erkenntnis, dass Nichtstun manchmal also die größeren Wellen schlägt. Heißt:  Alles, was wir brauchen, ist ein kleines bisschen gutes Karma. Denn nichts ist trauriger, als Strampeln und Paddeln im kniehohen Gewässer.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Kreuz an!

Das Prinzip des Ausschlussverfahrens erfreut sich im Durchschnittsalltag größter Beliebtheit. Ein bisschen wie der Psychologie-Test auf der letzten Seite eines buntbebilderten Frauenmagazins heißt es sich auch im sozialen Leben immer wieder zu entscheiden – und jede Entscheidung setzt ein Statement. Denn wie Herr Watzlawick schon ganz richtig erkannte, sind wir nicht fähig nicht zu kommunizieren. So erzählen wir mit jedem Wort, das wir nicht über die Lippen bringen, mehr als wir eigentlich verschweigen. Doch heißt Nein immer automatisch nicht Ja? Und: Wenn wir unser Kreuz setzen bei a), b) oder c) wie verbindlich kann das sein? Haben getroffene Entscheidungen eine Mindesthaltbarkeit?

Freitag, 8. Oktober 2010

Baby. Do you love me?

I know you love me. 
I know. 
Are you ready? 
Don't stop. 
I know you love me. 
My Baby. 
Stay. 

Montag, 4. Oktober 2010

Schmauchspuren.

Cyrano de Bergerac sagte einmal, der Mensch habe zwei Tode auf Erden zu erleiden: den einen natürlichen und den anderen – den aus Liebe. Doch rechnet man die prozentual anteiligen Tode hinzu, die wir aus Loyalität, innerer Verbundenheit und tiefster Aufrichtigkeit gegenüber den Menschen unserer Herzen mitsterben, sind es wohl mehr als nur diese zwei.
Eine Person, die uns nah steht, leiden zu sehen, erschüttert uns zutiefst. Ausnahmslos. Und es ist immer das Gefühl der Ohnmacht, das uns so ratlos in die Knie zwingt.
Doch auch wenn wir so völlig selbstlos all unser Verständnis, die gutgemeinten Ratschläge und literweise Wein aufbringen, um unserem geliebten Gegenüber das Gefühl des Verstandenwerdens, des Fallenlassenkönnens zu vermitteln, komme ich nicht umhin mich zu fragen: Wie uneigennützig kann diese Hilfe sein?
Der Mensch lernt mit seinen Fehlern – auch jener im unromantischen Großstadtalltag; auch jener im Liebe-per-Mausklick-Jahrhundert.
So begehen wir Irrtümer, um sie anschließend korrigiert in unserem Gedächtnis abzuspeichern – in der Hoffnung, sie bei der nächsten Gelegenheit unter weniger schmerzlicher Empfindung zu bewältigen.
Sind es dann nicht auch die Leiden unserer herzlichen Mitmenschen, die uns weiterbringen? Zumindest zum Nachdenken anregen?
Folglich ist es der untreue Partner unserer besten Freundin, der uns die Verspätung des eigenen Lebensabschnittsgefährten derart hinterfragend betrachten lässt. Oder die Romantik-Krise des eigenen Bruders, die uns dazu bewegt, über die eigene Affäre mit dem Ex noch einmal genauer nachzudenken.
Manchmal kann nicht getroffen zu werden großes Glück sein – aber auch ein Streifschuss braucht seine Zeit, bis er vollkommen verheilt ist.

Samstag, 18. September 2010

Sucht oder Nicht-Sucht?

Mit Süchten ist das ja immer so eine Sache.
Da gibt es die einen, deren Ausübung rechtswidrig ist und die aus diesem Grund einer strengen Meldepflicht unterliegen. Und es gibt die anderen. Die, um deren Verlauf sich weder das zuständige Drogendezernat noch die benachbarte Entzugsklinik kümmert. Es handelt sich dabei um nicht minder schwerwiegende Abhängigkeiten von diversen Substanzen, deren Konsum auf Dauer die psychische sowie die physische Verfassung des Betroffenen innerhalb zahlreicher, nicht zwingend chronologisch auftretender Phasen beeinträchtigt.
Symptome: unkontrollierte Schweißausbrüche, Aggression sowie das Aussetzen logischer Denkprozesse.
So wachen wir mitten in der Nacht auf, um festzustellen, dass wir mal wieder allein ins Bett gegangen sind; fühlen uns wie schweißgebadet, wenn wir den Ex mit seiner Neuen im Lieblings-Restaurant treffen und ertappen uns bei Selbstgesprächen und Pro-und-Kontra-Listen, die uns bei unserem Suchtproblem helfen sollen, klarer zu sehen. Aber: vergebens.Der einzige Ausweg, der uns in diesen Momenten bleibt, ist Kompensation. Wir finden für jede Sucht eine passende Gegensucht – um uns ausreichend abzulenken. Der durchschnittlich aussehende Typ aus dem Café wird zum Notnagel, die zahlreichen Überstunden zur selbstgemachten Erschöpfung und das Nutella-Glas bietet uns jede Nacht die ausreichende Endorphin-Zufuhr. So wählen wir Mängel statt Mangelware, Schlaflosigkeit statt Träumerei und tauschen Schokolade gegen Sex.
Das Ende vom Lied?
Hosen, die nicht mehr genügend Platz für unsere Hintern bieten, Augenringe, bei denen der beste Concealer versagt und jede Menge Recycling-Geschlechtsvermischerei.

Freitag, 3. September 2010

Normal Null.

Sofern normal die Mitte zwischen dem ist, was wir wollen, und dem, was wir kriegen können – wie normal kann es da werden, wenn wir nicht die leiseste Ahnung von dem haben, was wir eigentlich anstreben?
Es sind Entscheidungen, die unser Leben formen: Die einen sind spontan und schlecht überlegt, die anderen gezielt getroffen und jahrelang durchdacht; die einen bringen uns voran, die anderen werfen uns meilenweit zurück. Da fällt es nicht immer leicht, die richtige Wahl zu treffen. Und so dauert es manchmal eine Zeit lang, bis wir abgewogen, verglichen und entschieden haben – bis wir uns sicherer sind als wir uns unsicher sind.

Freitag, 6. August 2010

Unterm Strich.

Ich, als Freundin verallgemeinernder Vorurteile, habe meine Laufzeit im Online-(„Ich-finde-irgendwann-die-ganz-große-Liebe“-)Prozess offiziell beendet. Seit nunmehr als fünf Monaten testete ich mich durch die Amors und Hengste der virtuellen Herzensweltmit nur ernüchterndem Fazit.
Bereits zu Anfang war mir klar, dass dieses Unterfangen kein leichtes sein wird. Mit tatkräftiger Unterstützung meiner guten Freundin S. entpuppte sich die große Internetliebschaftelei jedoch als gängiger und zuweilen äußerst amüsanter Zeitvertreib.
So trafen wir auf Katzenfreunde, die keinen Zweifel daran ließen, die Bedürfnisse ihrer pelzigen Wegbegleiter über die der potentiellen Partnerin zu stellen; auf gewohnt testosterongeladene Machos, die weder hören noch sprechen konnten – aber vor allem stießen wir auf jene Männer, die (so völlig verzweifelt und am Ende ihrer emotionalen Kräfte scheinend) auf der Suche nach der unbeschreiblichen, alleserschütternden Urknall-Liebe waren. Ja, das erschütterte in der Tat – aber von vorn.

Geht man von der zeitgenössischen Betrachtung der Pärchenfindung aus, kommt das Internet nahezu wie gerufen. Wir finden kaum noch Raum, all unsere Anrufe zu beantworten – geschweige denn die große Anzahl an E-Mails zu lesen; dafür ließen wir in den vergangenen 72 Jahren Anrufbeantworter, Mailboxen und automatische Responder-Nachrichten entwickeln, die uns diese ungemein zeitraubenden Aktivitäten verkürzen. Gott sei Dank! Als nächster Schritt – wir kamen nicht drum herum – musste die Liebessuche per Mausklick ihren Weg finden; schließlich hatten wir ja keine Zeit! […] Und so tat sie es.
Es ist jedoch verwunderlich, wie rückläufig die männliche Gefühlswelt in einer durch flüchtige Liebes-SMS und vorgefertigte Blumenversand-Sträuße eigentlich so entromantisierten Ära ist. Oder besser: Wann genau war der Zeitpunkt, an dem die Männerwelt beschloss, Aroma-Duftkerzen, ein ausgiebiges Schaumbad und stundenlange Seelenheil-Gespräche einem schnellen, unverbindlichen Quickie vorzuziehen?
Vermutlich reicht noch nicht einmal der Rückblick in die Antike. Es waren schon immer die Männer, deren lyrische Werke in die Geschichte eingingen; deren poetische Wortwahl in höchsten Tönen gelobt wurde und die man für ihre schwülstigen Liebesschwüre verehrte. Doch in einer Zeit vor unzähliger Gel-Sorten und Rasier-Balsame hatte Mann stets ein großes Ziel:
den Kampf. Länder lagen im Krieg miteinander, neue Territorien galten erobert zu werden – und wer keine blutige Schlacht fand, in die er sich heroisch stürzen konnte, nahm die Rebellion gegen die Gesellschaft auf sich, um seiner Kämpfernatur genügend Freiraum zu verschaffen.
Heute scheint es eher üblich, jeder Konfrontation aus dem Wege zu gehen – zumindest macht die männliche Bevölkerung genau diesen Anschein. Denn wenn selbst unser Bundespräsident beleidigt das Handtuch wirft und seiner Resignation dadurch wie ein pubertierendes Schulmädchen Ausdruck verleiht – was können wir da noch erwarten?
Frau hat im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte versucht, sich damit abzufinden – und  anzupassen. Wir Mädchen sind erwachsen geworden; haben den ersten großen Liebeskummer überwunden und wissen, dass auf ein „Ich ruf dich an!“ nicht zwingend auch ein Anruf folgen muss. Die Emanzipation versetzte uns einen Schub in die vordersten Reihen des gesellschaftlichen Gefüges und macht es uns nun möglich, Hosen zu tragen, allein Kinder großzuziehen – ja, wir können sogar ein ganzes Land regieren! Und dennoch forderte das Gefecht um die Gleichberechtigung seine Opfer.
 So jagen wir heute ganz eigenständig unser Mittag, können auch ohne aufgehaltene Tür einen Raum betreten und brauchen niemanden mehr, der unsere Möbel aufbaut. Es scheint, als hätten wir uns eine Vielzahl an männlichen Fähigkeiten angeeignet, um überleben zu können.

Ist das also das Resultat eines jahrzehntelangen Geschlechterkampfes? Muss Frau heute tatsächlich mehr Mann sein, als es Mann je abverlangt wurde?
Hey, Jungs! Wir wollten das Wahlrecht – keine Weicheier.
So war es wohl der Kampf, der den Mann Mann sein ließ – bis die Frau begann, ihn selbst zu kämpfen.
Was unterm Strich des monatelangen Datens, Nachrichtenverschickens und Nummernaustauschens übrig geblieben ist, lässt sich nicht konkret festmachen; ein paar nette Bekanntschaften, eine Enzyklopädie an Selbsterkenntnissen – aber vor allem die Tatsache, dass eine selbstbestimmte Frau heutzutage mehr als nur einen Klick braucht, um Kopf, Herz und Libido zu gleichen Anteilen erfüllt zu wissen.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Hausarbeit & Hautarbeit.

Funk-Problem.

Verlieren viele kleine Funken immer zwingend gegen den einen großen?
Und: Wenn ein gewaltiges Feuer eher durch ein seichtes Knistern anstatt durch einen großen Knall entsteht, warum laufen wir dann wie wild mit dem Feuerlöscher umher und zielen auf jede nur aufkommende Rauchwolke, wenn wir es nicht für einen verheerenden Waldbrand halten?

Sind zwischenmenschliche Verbindungen demnach weniger Wert, sobald es keine obligatorische Rosarote Brille gibt?

Dienstag, 20. Juli 2010

Ms Perfect und Mr Right.

Irgendwann kommt sie schon – die Eine. 
Ja. Die Eine. Der Irrglaube, dem sich nicht nur laut gängiger Klischees Frauen hingeben. Auch Männer suchen die weibliche Perfektion, eben Die Richtige. Das eine Mädchen, das alles auf den Kopf stellt. Die Frau, die an Perfektion nicht zu übertrumpfen ist und daher jeglichen Denkvorgang überflüssig macht.
Ist es Die Eine, die die vornehmen sechs Dates abwartet, bis sie mit ihm ins Bett steigt? Die, die auf Anhieb Liebling seiner Eltern wird? Die morgens nach dem Aufstehen ungeschminkt genau so hinreißend aussieht wie am Tag zuvor – frisch gerichtet? Die Tiere mag und mit Kindern so gut kann? Die, die so gern kocht und den Abwasch macht? Die ein so unfehlbares Wesen hat? Ein so natürliches Lachen – nie zu laut, nie zu schrill? Die, deren wallendes Haar so schön in der Sonne glänzt? Und die, deren verständnisvolle Art jede sinnlose Meinungsverschiedenheit bereits im Keim erstickt?
Nein. Nicht zwingend.
Es ist auch die, die nach den ersten zwei Cocktails mit zu ihm geht – und sich danach zwei Wochen nicht meldet. Und die, bei der die Schwiegermutter beide Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Und auch die, die auf ein „Wie geht es dir?“ nur antwortet – und nicht zwingend zurückfragt. Es ist auch die, die mit ihrem störrischen Wesen ausufernde Streitereien provoziert. Aber auch die, die nach zwei gemeinsamen Nächten lieber eine Nacht alleine schläft. Und es ist auch die, die lieber mit ihren Freundinnen stundenlang über Männer herzieht – anstatt ihn beim so wichtigen Fußballspiel anzufeuern.
Aber vor allem ist es die, die ihn zum Nachdenken bringt – über was auch immer.

Ein Kompliment.

Wer eine gute, verständige und schöne Frau sucht, sucht nicht eine, sondern drei.
Manchmal hat man das Gefühl es ist doch nur Eine.
Marc
 ...wenn er recht hat, heißt das: Hoffnung für die Männerwelt! Liegt er jedoch falsch, scheint die weibliche Bevölkerung wieder bis auf Weiteres verdammt, sich in ungenügendem Wohlwollen und mangelnder Selbstüberschätzung zu suhlen - bis ein kompromissbereiter Herr sich dazu niederlässt, eine 1/3-Frau an seine Seite zu lassen. Zumindest für eine Weile.

Montag, 19. Juli 2010

Realitäts-Hoffnungs-Ding.

Es ist immer alles solang gut, bis es nicht mehr gut ist. Es ist immer alles solang ertragbar, bis es nicht mehr ertragbar ist. Und es ist immer alles solang total cool und überhaupt kein Problem bis man den Ex mit seiner Neuen auf der Straße trifft – und die Realität der Hoffnung auf die Fresse haut.
So ist es ja immer: Frau denkt, es wäre alles geklärt. Schließlich war sie es ja, die es beendete. „Ich will, dass wir Freunde bleiben!“, lässt sich im noch ahnungslosen Zustand leicht über die Lippen bringen. Früher oder später bereut sie es – oder auch nicht; zumindest früher, später immer. Und als hätte man dieses Szenario nicht unzählige Male durchgespielt. Mit dem perfekten Outfit, der perfekten Frisur - all diesen kitschigen Klischees, die wir über die ganzen Jahre hinweg aus den schnulzigen Hollywood-Streifen gelernt haben.
Doch dann trifft es ein. Man trifft beide. Und es trifft einen. Immer noch. Irgendwie. Nur ein bisschen. Aber es tut es.
Wenige Augenblicke reichen aus, um sie zu mustern. Sie, die jetzt die Neue ist. Sie, die den Platz eingenommen hat, den Frau selbst nicht mehr wollte. Was fällt auf? Der schreckliche Haarschnitt! Ein Pony-Mädchen? Seit wann…!
Und während wir an der nächsten Kreuzung das Telefon zücken, um uns von der besten Freundin die fehlende Attraktivität der jetzt Neuen bestätigen zu lassen, wird klar: Es ist nicht immer vorbei, nur weil es vorbei ist. Manches ist beendet – und dauert dennoch eine Ewigkeit.

Donnerstag, 17. Juni 2010

Aussehen ist alles – mehr aber auch nicht.

„Verweile doch, du bist so schön!“, schrieb Goethe einst über den Moment, der aufgrund seiner Herrlichkeit ewig andauern sollte.
Diese Art von Augenblick gibt es im Zeitalter perfektionierter Schönheit und detaillierter Ästhetisierung nur noch selten – viel zu sehr setzt uns das Streben nach Vollkommenheit unter Druck, als dass wir ein kurzes Geschehen bedingt in seiner Anmut als beglückend empfänden.
Wenn es uns dann aber tatsächlich überkommt und wir den Moment schlichtweg passieren lassen, ist es meist ganz großes Kino! – Doch wie jeder glamouröse Hollywood-Streifen ist auch der hinreißendste Augenblick meist mehr Schein als Sein und bedarf keiner tiefgründigen Analyse, um ihn zu genießen – ähnlich erging es mir mit Sven.
Er sah aus wie ein Calvin-Klein-Unterwäsche-Model aus den 90ern: nahezu perfekt; ansehnlichst verteilte Muskelmasse, ein Blick, der zum Dahinschmelzen nur so einlud und selbst die blonden Strähnchen in seinem dunklen Deckhaar, die mir für gewöhnlich nur ein entnervtes Augenrollen entlocken können, sahen so unglaublich gut aus, dass ich mindestens fünf Mal hinschauen musste, bis ich diesen hübschen Menschen ganz und gar verinnerlicht hatte.
Als Hip-Hop-Produzent lebte er innerhalb eines etwas verzerrten Weltbildes: ein nettes Anwesen im Villen-Viertel Grunewald, der dazugehörige Mercedes Roadster der SL-Klasse sowie eine geräumige Tiefgarage, die den nötigen Platz für weitere triebwerkgesteuerte Spielzeuge bot. „Geld ist mir wirklich wichtig!“ – Ach was. 

Mit unaufdringlichen Komplimenten konnte er mich zunächst von meiner tiefen Abneigung gegenüber der materialistischen Lebenseinstellung seinerseits abbringen. Die Unterhaltung war nett, wirklich nett. (Und bereits an dieser Stelle hätte ich wissen müssen, was nett wirklich zu bedeuten hatte!)
Wir sprachen zunächst über mich – eines meiner Lieblingsthemen. Er war aufmerksam, positionierte passende Kommentare mit Bedacht und gab mir schmeichelndes Feedback. Dabei faszinierten mich seine Augen so sehr, dass ich mitten in meinem ausschweifenden Monolog stoppte, um die Perfektion seiner bloßen Gestalt für einen kurzen Augenblick einzufangen.
Dann erzählte er; über sich. Und über seinen Job; über all die großen Künstler, mit denen er bereits zusammengearbeitet hatte – von denen ich mir jedoch keinen einzigen Namen gemerkt habe – und natürlich von seinem so heißbegehrten Jet-Setter-Leben, den drei Wochen in Vegas, in denen er zwei Monatsgehälter einfach so auf den Kopf gehauen hatte und von seinem Zweitwohnsitz an der Copacabana.

Ich war völlig illusioniert! Nicht etwa von seinem mehr als beeindruckenden Luxusleben. Sondern von seinen malerisch geschwungenen Lippen, dem Grübchen an der linken Wange, wenn er lachte und vor allem von seiner Nase – Gott, war seine Nase schön! 
Doch als ich den Moment gebührend ausgekostet und mich seine körperliche Attraktivität bereits vollstens befriedigt hatte, trat sein Gesagtes in den Vordergrund; damit einher ging ein mangelnder Wortwitz sowie falsch formulierte Sinnbilder, die er krampfhaft versuchte in seinem Geschwafel unterzubringen. Ihm aufmerksam zuzuhören stellte sich als pure Belastung heraus – es war anstrengend, mühselig. Dieser wunderschöne Mann hatte es wahrhaftig geschafft, mich innerhalb 90 Minuten derart zu langweilen, dass ich die nächste Gelegenheit ergriff, um mich mit einer scheinheiligen Ausrede von dieser auditiven Qual zu befreien.
So gibt es Personen, deren Schönheit sich über einen äußerst interessanten Charakter definiert und Personen, die einfach schön sind – ja, weil sie eben schön sind. Sven gehörte definitiv zur zweiten Gruppe der Belles und Beaus. Er war schön, wunderschön – mehr aber auch nicht.

Mittwoch, 16. Juni 2010

Meine Liebe zu Fertiggerichten.

Meine Kochkünste sind schlecht. Bemerkenswert schlecht. Um nicht zu sagen: entsetzlich. Bereits im Alter von zwölf Jahren musste ich feststellen, dass ich weder Wasser noch Milch ohne größere Naturkatastrophen zum Kochen bringen kann und auch acht Jahre später setzt sich Murphys Gesetzt in puncto kulinarischer Zubereitung regelmäßig in meinem Leben durch.
Aus diesem Grund beschloss ich auch, die Küche selbst ganz offiziell aus meinem gewohnten Lebenswohnraum auszuschließen und nahm eine Umfunktionierung ihres Ursprungsgedanken vor: Sie dient mir nun vorrangig als Abstellkammer und Lagerraum von noch nicht ausgepackten Umzugskartons, Einkaufstüten und Werkzeug (nicht, dass ich dafür jemals Verwendung fände! – zumindest nicht mehr als für all die Töpfe, Pfannen und Auflaufformen, die mir meine liebste Mama mit in die eigenen vier Wände gab, voller Hoffnung, ich würde sie eines Tages tatsächlich benutzen).
Endlosdiskussionen mit Kochbegeisterten münden daher meist in einem schwerwiegenden Eklat, der weder mich noch meinen Gegenüber von seinem Standpunkt abweichen lässt. Ausgehend von dieser Erfahrung, ließe sich vermuten, meine Verteidigung für Mikrowellen-Essen und sonstige Fertiggerichte würden einem gelernten Koch wohl mehr als nur auf den Magen schlagen. Doch nicht Kevin! Ganz im Gegenteil: Er bot mir freundlichst ein paar Privatstunden höchster Kochkunst bei ihm zu Hause an – und ich lehnte dankend ab.
Warum? Ganz einfach: Kevin war ein noch nicht ganz angekommener Mittzwanziger, der seine Freizeit Gitarre spielend im sonnigen Park verbrachte und die Leidenschaft zum Kochen nach einem abgebrochenen Bauingenieursstudium in einem angesagten 5-Sterne-Restaurant in Berlin-Mitte entdeckte. Außerhalb verdampfter Küchen und grüner Wellness-Oasen betrieb Kevin Kampfsport – irgendeine Box-Tret-Schlag-Kombination, deren Name mir zu merken vor lauter schrillen Vokalen schlichtweg unmöglich schien. Im gleichen Atemzug erklärte Kevin mir jedoch, dass er natürlich keinesfalls einer dieser prolligen Schlägertypen sei – er ging von der Annahme aus, dass sich zu prügeln in der heutigen Zeit prinzipiell nicht mehr zeitgemäß sei. Und warum dann Kampfsport? „Als Ausgleich. Für Geist und Seele.“ – Aha.
Dass er dies anscheinend jedoch auch für seinen Körper tat, lies sich zweifellos erkennen: perfekt definierte Oberarme, breite Schultern. Mit seinem dunkelblonden Haar und den grünen Augen machte er einen wirklich kühnen Eindruck. Und das wusste er. Leider.
„Um von den Leuten auf bestimmte Weise wahrgenommen zu werden, brauchst du nur das richtige Image.“ – Und wie klug er war! „Nimm beispielsweise mich: Ich trainiere wirklich hart – mit all den Kicks und Punches – und doch komme ich nie dazu, mein Gelerntes anzuwenden. Ein Blick von mir genügt, um meinen Gegenüber einzuschüchtern.“ - Bei dieser Aussage fühlte ich mich so unwohl, dass ich mich vor lauter Fremdschämen innerlich nur so wand. Denn: Es ist die eine Sache, wenn eine Frau einen Mann aufgrund seiner umwerfenden Fähigkeiten bewundert – und es ist die andere, wenn er ihr das in ausführlichster Bebilderung erklären muss.
Vom Epilog über den Sinn und Unsinn körperlicher Gewalt kamen wir zu seinem eigentlichen Fachgebiet: dem Kochen. Ich setzte alles daran, das thematische Ruder rumzureißen – vergebens. Mir blieb nichts weiter übrig, als es über mich ergehen zu lassen: Stundenlange Vorträge über Gemüsefonds, Pasta-Saucen und Sahne-Aufläufe waren das Resultat.
Und wie ich ihn so reden hörte, wurde mir bewusst, wie sehr ich mich anstrengen musste, nicht komplett in demonstratives Desinteresse zu verfallen. Es war belastend. Er war belastend; aufwendig wie ein Drei-Gänge-Menü der Haute Cousine – und dafür genügten meine Fähigkeiten nicht, weder die kommunikativen noch die kochtechnischen.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Sommerbrise.

Wenn Mann sein schamloses Balzverhalten wieder in die Öffentlichkeit verlegt und Frau ihr frisch modelliertes Dekolleté in knappen Tube-Tops zur Schau stellt, lässt es auch den Letzten keinen Zweifel mehr daran hegen: Es ist Sommer!
In dieser Jahreszeit passieren – gesteuert von hochprozentigem Hormonüberschuss und überkochendem Endorphinhaushalt – jede Menge farbenfroher Situationsmomente.
 So sieht man die nicesten Chais im Park chillen und die größten Chabs in ihren pumpenden BMWs über die Kreuzung cruisen; bunt verzierte Modemädchen verweilen im Gespräch mit den Youngstar-Gangstern von nebenan und alternative Skaterboys gurten ihre weitsitzenden Baggy-Pants um drei ganze Inches tiefer, um die Arschfreiheit zu zelebrieren; auf jedes Bitte folgt ein Danke und selbst Akbar vom Döner um die Ecke besitzt die Fähigkeit, einen kompletten Tag zu retten.
Das Sonnenbrillenwetter lässt uns über die kleinen Laster des Lebens hinweg lächeln.

- flirty, charming, lovely.

Dienstag, 8. Juni 2010

Warum böse gut und richtige sowieso immer falsch ist.

Dass es gut war, wie es war, das weiß man hinterher.
Dass es schlecht ist, wie es ist, das weiß man gleich.
Doch wenn wir wissen, was gut ist und uns sicher sind, was schlecht ist: Warum ist gut dann gewesen und schlecht noch immer präsent?
Müssen wir das Falsche unbedingt lassen, um Gutes zu erlangen? Oder ist es nicht gerade das Falsche, was so unheimlich gut tut?

Ich frage mich: Wie gut kann gut schon sein? 
...und:
Ist schlecht wirklich schlecht genug?

Dienstag, 1. Juni 2010

Wenn nichts alles wird.

Und plötzlich war alles ganz anders. Irgendwie verschwommen. Und doch so klar wie nie zuvor. Ein paar Worte genügten. Keine ellenlangen Ausschweifungen. Nur diese einige wenige Ellipsen.
Manchmal verfallen wir dem Glauben, Themen wären nur ausgesprochen wirkliche Anliegen. Der Drang, alles offen auf den Tisch zu legen, kann so stark werden, dass dabei der Akt an sich – nämlich das wahrhaftige Wort zu nennen – in den Hintergrund tritt und wir uns um Kopf und Kragen reden; stets in der Hoffnung auf Besserung. Aber: nichts.
Es wird nicht zwangsweise besser, nur weil wir uns emotional öffnen. Es ist nicht immer das große Los, alle Geheimnisse miteinander zu teilen. Und wir machen auch nicht ausnahmslos einen Schritt nach vorn, indem wir unser Innerstes nach außen kehren.
Denn manchmal ist weniger tatsächlich mehr.

Montag, 31. Mai 2010

Auf Verhandlungsbasis.

Sie wollte ihn, weil er wollte, dass er sie nicht will.
Er wollte sie, weil sie nicht wollte, dass sie ihn will.
Jetzt hat sie ihn, weil er will, dass er sie nicht hat.

Oder hat er sie, weil sie nie wollte, dass sie ihn hat?

Samstag, 29. Mai 2010

Nur der Weg – nie das Ziel.

Eins der wohl meist zitierten Sprichwörter unserer Gesellschaft über die Philosophie des Erlangens von Glück formulierte er bereits zu Zeiten der Östlichen Zhou-Dynastie. Und dass Konfuzius ein weiser Mann war, möchte ich an dieser Stelle auch nicht in Frage stellen. Doch haben wir uns jemals wirklich den einen Moment genommen, uns mit der These über das Streben nach dem scheinbar Vollkommenen auseinanderzusetzen?
Es scheint so simpel: Der Weg ist das Ziel. Warum auch nicht? Scheitern fällt mit diesen tröstenden Worten definitiv leichter und verzweifelt Bemühte finden in ihnen die nötige Beruhigung für ihr Nichterlangen. Es klingt wie ein Schulterklopfen, ermutigt und baut auf.
Doch bei dem Versuch, den Kern dieser Aussage zu ergründen, stellte ich Gegenteiliges fest: Es schürt die blanke Angst! Angst vor dem Ende, Angst vor dem Danach und vor allem Angst vor dem allgemeingültigen Glück.
Denn was passiert wirklich, wenn wir das erreicht haben, was wir uns jahrelang erträumt, gewünscht und mit jeder Faser unseres Herzens herbeigesehnt haben? Wir empfinden es – ohne Frage. Unseren Körper durchfluten Endorphine in höchster Geschwindigkeit; es kribbelt im Bauch, das Herz schlägt schneller und die Atmung wird so flach, dass sie nahezu nichtig scheint. Doch dann? Was folgt dem Hormonrausch? 
Leere. Eine monotone, kalte und ausgelaugte Kraftlosigkeit breitet sich wie schmerzende Kontraktionen innerhalb unserer Blutgefäße aus. Wie Millionen kleinster Blutgerinnsel bahnt sich die Tatsache, das Glück nun aufgebraucht zu haben, den Weg zu unserem Herzen – bis es stillt steht. Keine Leidenschaft, keine Furcht. Keine Verzweiflung, keine zermarternde Aussichtlosigkeit. Das Gefühl der Sehnsucht stirbt. Die bedingungslose Hingabe wird schwächer und die ausnahmslose Allesinkaufnahme verblasst.
Denn haben wir das Ziel erreicht, scheint es nutzlos. Es ist existent, es ist erobert – das, was wir so lange Zeit den Inhalt unseres Lebens nannten, ist nun nichts weiter als ein faktischer Teil dessen und lässt uns nur in einem Bruchteil der Weile, die wir aufbrachten, es zu erlangen, all das Glück spüren, welches sich zuvor über eine gefühlte Dauer der Endlosigkeit erstreckte. Es war die Intensität des Empfindens, die uns reizte. Und es ist die selbige, die uns vor die bedeutsame Frage nach einer möglichen Fortsetzung stellt.
Wir haben keine Wahl. Was bleibt, ist das Anvisieren eines neuen Ziels. Das alte wird von dem einst für es errichteten Altar genommen und eine neue Heiligenfigur ziert nun unseren Opfergabentisch.
Blicken wir zurück, wird sich die Erinnerung an das vermeintlich große Glück immer mehr entfärben. Alles Wehren und Stirnbieten wird nichts nützen. Es ist erschöpft. So wie wir – auf der unermüdlichen Jagd nach dem ganz Großen.

Dienstag, 25. Mai 2010

Sag A, nimm B – zahl 3, nimm 2.

Manchmal ist alles zu sagen nicht viel – und nichts zu sagen bereits alles.
Uns bleibt die Wahl; wobei ich mich frage: Ist Reden wirklich immer Schweigen? Und: Wann wird Silber Gold
Egal. Gesagt ist gesagt. Und es ist nicht schlimm. Jedenfalls nicht sehr. Denn was wir sagen und was wir tun sind zweierlei Paar - solang wir nur denken, was wir sagen und nicht sagen, was wir denken,  bleibt es spannend. Immerhin.

Samstag, 15. Mai 2010

3 L'Imperatrice.

Veto!

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. – Zumindest sagt man das so. Nein, besser: Er  sagte es so. Und ich bedaure zutiefst, werter Wilhelm, an dieser Stelle wiedersprechen zu müssen. Denn in meinem Fall scheint es, als wären all die vorherigen Bedenken und von Klischees beladenen Vorurteile eingetroffen. Welch Überraschung.

Dienstag, 11. Mai 2010

Alle Fremdgeher mal bitte die Hand heben – Aha, Danke.

 
Das mit dem Fremdgehen ist ja immer so eine Sache. Als klassisches Opfer-Täter-Beispiel lässt so ein schwerwiegendes Drama nicht viel Platz für Theorien und Logiken. Intuitiv ergreift man Partei für den Betrogenen, der scheinbar völlig ahnungslos in sein emotionales Verderben lief und blendet jegliche Rechtfertigung des offensichtlich gefühlskalten Herzensbrechers aus. Gründe und vermeintliche Erklärungsversuche werden erst gar nicht in Frage gestellt und landen schonungslos im Restmüll für faule Ausreden.
Theoretisch ist es also recht simpel: Betrogen ist betrogen; auf körperlicher, emotionaler und vor allem geistiger Ebene. Da gibt es nichts mehr gut zu machen.
Doch da Theorie und Praxis oftmals meilenweit voneinander entfernt liegen, lohnt sich der Blick auf die Kehrseite durchaus. Denn: Auch, wenn die Antwort keinerlei Auswirkung auf eine eventuelle Entscheidung hat, steht eine unausgesprochene Frage im nunmehr leeren Raum: Warum?
Als rhetorisches Mittel verwendet, war mein Deutschlehrer einst großer Fan dieser bedeutungsschwangeren Verschwiegenheit, bedient man sich ihr jedoch außerhalb des Rahmens aller Aufsätze und Gedichtinterpretationen der Abiturphase, hallt sie gleich um ein Vielfaches heller. Denn in einem Zeitalter aufregendster Flirtchats, unzähliger Untreu-Internetforen und professioneller Seitensprungagenturen wird man von möglichen Rückmeldungen auf das große Warum? nahezu erschlagen. 
Das Erwarten von gegenseitiger Treue ist ein naiver Automatismus, der im Zuge aufkochender Hormonwallungen und elektrisierender Neurotransmitter mit der Partnerschaft Hand in Hand einhergeht – schließlich können wir nicht erwarten, dass unser Partner von nun an mit ledernen Scheuklappen durch die sexuell geladene Welt watet und jeglichem körperlichen Reiz mit kompromissloser Ignoranz begegnet.
Heißt also: Möglichkeiten findet unser Partner im gleichen Maße, wie wir sie rezipieren; und doch liegt der Unterschied darin, dass die eine Seite betrogen hat – und die andere betrogen wurde. Es lässt sich also nicht unmittelbar erkennen, dass eine hohe Anzahl aufblinkender Sex-Banner und hocherotischer Pop-Ups dazu führen, mal eben über den Tellerrand zu langen.
Gern schiebt man dabei die chromosomale Beschaffenheit vors Loch. Doch wenn das Fremdgehen-Gen auf dem (wie so oft vermuteten) Y läge, wäre die weibliche Gattung ein absolut treues Gesindel, welches nicht mit dem besten Kumpel des Partners in der Silvesternacht rumknutscht, keine heimlichen Nachrichten vom Ex empfängt und den DHL-Typen wirklich nur das Paket bringen lässt. […]
Kommen wir zum Quotenbringer der Fremdgehausreden: dem Alkohol. So abgenutzt es klingen mag, so wahrhaftig kann es für den Einzelnen sein. Doch nicht nur Spirituosen enthemmen und verändern das Wahrnehmungsvermögen.
Wie wir also sehen ist die Palette an Gründen - bedingt durch (mehr oder weniger) externe Einflüsse - ziemlich breit. Neben Aussagen wie Sie hat mich geküsst!, Das war alles rein körperlich!, Es hat nichts mit dir zu tun! und meinem derzeitigen Favoriten (da erst neulich von einem gebrochenen Herzen unter Tränen zum Besten gegeben) Aber sie war lange nicht so heiß wie du! schleichen sich nur mühsam belastende Selbstzweifel ein. Ein weiterer Fragenkatalog öffnet sich dem Verzweifelten: Was habe ich falsch gemacht? War ich nicht gut genug? Was hat sie, das ich nicht habe? Ich persönlich finde darauf nur folgende Antworten: Nichts., Doch., Nichts, rein gar nichts! 
Entschließt sich der Partner erst einmal für diesen Schritt, hat er es – wenn auch nur in Bruchteilen einer Millisekunde – bedacht. (Denn wie sagte Descartes noch gleich: "Ich denke, also bin ich." Und ohne Sein kein Handeln - so schließt sich der Kreis.) Es wurde also eine Entscheidung getroffen: Pro Fremdgehen heißt pro Konsequenz - wie die letzten Endes ausfällt, ist rein optional.
Das wiederum zeigt den Ursprung der Tat. Und ob das nun allgemeine Unzufriedenheit, chronisches Desinteresse oder belanglose Unbekümmertheit war, spielt keine Rolle. Fakt ist: Es gab einen Auslöser, der das Verhalten begünstigte - entweder erkennt man ihn und stellt sich der Herausforderung ihn zu beseitigen oder man nimmt diesen Grund an und geht!
Nichtsdestotrotz erwarten wir die notwendige Aufrichtigkeit von unserer lebenden Komponente, sodass wir an dem Punkt Sag ich’s oder sag ich’s nicht? bereits eine Seite für uns ausgelotet haben.
Gestanden ist so ein Betrug aber keineswegs schöner. Vermutlich wünscht sich die Mehrheit, es lieber erst gar nicht erfahren zu haben – aber wir wollten ja Ehrlichkeit.
Das Positive an solch einem Geständnis ist zumindest, dass die Frage Ob? schon mal außen vor ist, sodass das Herz in aller Seelenruhe an dem darauffolgenden Warum? zerbrechen kann.

Sonntag, 9. Mai 2010

Das Prinzip nicht der Punkt zu sein.

"Seine Worte sagen Nein, aber sein Kuss sagt Ja! – Diese Art Verteidigung bringen Vergewaltiger vor!?
Wenn Männer sich in verwegenen Gesten üben, gilt das allgemein als romantisch. Wenn Frauen dies tun, gilt das oft als verzweifelt oder geistesgestört. Ich hoffte zu beweisen, dass ich keins von beidem war" – und falls doch, kreuzte ich aufgrund eines schier unüberwindbaren Egos die Finger für Letzteres.
Leider brachte alles Kreuzen, Hoffen und Salz über die Schulter streuen nichts. Denn das Phänomen, etwas zu tun, es aber niemals über die Lippen kommen zu lassen, scheint im 21. Jahrhundert der westlichen Welt ein weitverbreitetes Traditionsgut zu sein.
Wir sprechen aus, was wir uns wünschen – gehandelt wird aber nach inneren Beweggründen. Auf diese Weise kann es leicht passieren, dass Missverständnisse in überdimensionalen Streitereien enden und – bei falscher Deutung – ein Kuss ganz einfach nur ein Kuss ist; nicht weniger, aber auch nicht mehr. 

Also sitzen wir vor unzähligen Übersetzern, um jenes unklare Verhalten zu dechiffrieren – Tag für Tag, Stunde um Stunde. Und doch wird unser Resultat nicht das richtige sein.
Woher können wir dann aber wissen, dass das, was wir wahrnehmen auch das ist, was wir sehen sollen?
Würden wir wirklich hören wollen, was wir bereits erahnen zu entschlüsseln?

Samstag, 8. Mai 2010

Wenn Worten Wörter fehlen.

Sagen wir erst, was wir wirklich denken, kann das manchmal schlimme Folgen haben. Jemand fühlt sich vor den Kopf gestoßen, ein anderer empfindet die Tatsache empörend – doch am schlimmsten trifft es denjenigen, der unmöglich im Stande ist, das Gesagte zurückzunehmen.
Der Unterschied zwischen bedeutungsvollen Worten und unzähligen Wörtern scheint prinzipiell geklärt; nur kommt es in manch spontanen Aktionsaugenblicken trotzdem zur Verwechslung. Da heißt es dann Quantität statt Qualität und es sprudelt aus uns heraus wie ein Wasserfall. Jede Buchstabenkombination, die auch nur im geringsten zum Mind-Mapping des vermeintlichen Themas gehört, wird aufgegriffen und findet kurzerhand ihren Weg über die Zunge aus dem Mund. Das Ganze endet dann meist in einem riesigen Blabla und das einzig sichtbare Ergebnis ist ein Gegenüber, der verwundert mit der Braue zuckt.

Freitag, 7. Mai 2010

Vorschau, Durchblick, Einsicht.

Manchmal scheint das Eigentliche meilenweit entfernt. Man versucht zu fokussieren, verirrt sich jedoch in dicken Nebelschwaden der Unklarheit. Das gedankliche Wirrwarr ähnelt einem riesen Moodboard – es geht nicht um eine konkrete Aussage, nur um ein Gefühl. Wird man jedoch gezwungen, dieses emotionale Bild in Worte zu kleiden, zerfällt es kurzerhand in seine einzelnen Bestandteile und ergibt – so völlig destruiert – keinerlei greifbaren Sinn mehr.
Was also tun, wenn der unwissende Gegenüber eine klare Antwort verlangt – so egoistisch, fordernd und selbstgerecht? Wenn wir keine Zeit haben, das Gefühl sich selbst klären zu lassen?
In einem zerstörerischen Selbstversuch deuten wir jedes einzelne Puzzleteil – immer Gefahr laufend, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Wir reden; mal laut, mal leise. Und wir hören – in allererster Hinsicht uns selbst. All das tun wir. Bis es klick macht. Bis sich die Blockade löst und es klarer als nie zuvor scheint – wir wollen beginnen…und plötzlich merken wir:  

Es ist so völlig anders!

Durchatmen und Neustarten.

Donnerstag, 6. Mai 2010

Mit dem Haus durch die Tür.

Ehrlichkeit gilt als große Tugend – sie währt sprichwörtlich am längsten und ist fundamentaler Bestandteil einer aufrichtigen Verbindung. Sie wird zweifelsfrei erwartet; auch wenn sie manchmal schmerzt. Ihre Existenz schafft Hoffnung, ihre Anwendung tiefstes Vertrauen. Wir fordern sie – bedingungslos.  
Doch sind wir eben so gewillt sie preiszugeben?

Dienstag, 27. April 2010

Ich will mich nicht mehr!

Selbstzweifel können sehr belastend sein. Einige lassen uns aufgrund der fehlenden Binikifigur hungern, andere vereinbaren direkt einen Termin beim Schönheitschirurgen. In jedem Fall bewegen sie uns zu zielgerichtetem Handeln.
Anders hingegen beeinflussen Einsichten unser Leben: Während wir jahrelang den Fehler gesucht haben, der uns im Spiel um die große Liebe auf der Reservebank fristen lassen hat, erscheint er einige Männer später direkt vor uns. Plötzlich fällt der Groschen und wir merken, dass es nicht die mangelnde Auswahl an potentiellen Deckeln war, die uns jedes Mal erneut ins Verderben stürzen lassen hat, sondern es schlichtweg an einem früher nie denkbaren Grund lag: uns selbst.
Diverse Macken, Launen und Ticks sind es, die uns auf dem Singlemarkt neben emotional ausgeglichenen Traumfrauen schlecht dastehen lassen.
Es stellt sich mir die Frage: Sind wir bereit, uns selbst zu ändern, um die Erträglichkeit der eigenen Person für andere attraktiver zu gestalten oder halten wir lieber an alten Verhaltensmustern fest, schließen die Augen und hoffen einfach das Beste?
Die Tatsache, dass wir so lang mit einer äußerst belastenden Dysfunktion durchs Leben schritten, beweist, dass sich Einsichten deutlich später offenbaren als die meist frei zugänglichen Minderwertigkeitskomplexe. Wenn wir an uns selbst zweifeln, sehen wir früher oder später also ein – aber zweifeln wir auch automatisch, wenn wir gerade erst einsehen?
Funktionsstörungen hinsichtlich liebestechnischer Sozial-Verbindungen sind vermutlich der Worst Case in Sachen Liebe, Sex und Zärtlichkeit – das eine bedingt das andere, sodass wir nach Zeiten der Unvernunft mit leeren Herzen und einer laut schreienden Libido kurzer Hand eine neue Taktik brauchen; zumindest für den Übergang zur gelobten Besserung. Denn fest steht: Any PR is good PR! – So versuchen wir unseren Makel zeitweilig möglichst lukrativ an den Mann zu bringen.
Es wird also weder abgesaugt, noch weggeschnitten – alles bleibt, wie es ist; nur die Beleuchtung wird etwas überdacht. Haben wir uns an die neue Lichttechnik gewöhnt und sie auf großen Bühnen ausprobiert, verfliegt der Gedanke einer Neuanschaffung in Sachen Präsentation auch schnell wieder.
Die Einsicht hegt somit nicht zwingend Zweifel an uns selbst; sie fordert uns lediglich auf, das Alte zu bedenken und – wenn nötig – ein paar Erneuerungen einzuführen, um sie weniger offensichtlich erscheinen zu lassen.

Montag, 26. April 2010

Die Frage nach dem Warum.

Weibliche Wesen neigen bereits aufgrund ihres überschwänglich gestalteten Hormonhaushaltes zu Übertreibung, Hysterie und chronischer Verständnislosigkeit. Einige Exemplare der Männerwelt sind sich dessen sehr wohl bewusst – und können dementsprechend agieren; so wie Mr. B.: „Mit einer Frau offiziell schlusszumachen ist fast wie Selbstmord: Ihr sagt, ihr wollt einen Grund – geben wir euch einen, flippt ihr total aus. So oder so ist man am Ende das Arschloch.“
Die Konsequenz? Jene erfahrenen Männer schlagen den Weg des geringsten Widerstandes ein und beenden die prä-existente Verbindung mit Hilfe gekonnter Ignoranz.
Verdenken kann frau es ihnen nicht, denn: Ein klares Nein lehnt sie immerhin kategorisch ab – dabei könnte es so einfach sein:
Kann ich das tragen? – Nein, darin hast du einen riesen Hintern.
Sehen wir uns heute Abend? – Nein, heute schlafe ich lieber mit einer anderen.
Rufst du mich an? – Nein, schließlich war das nur Sex.
Doch jenes ehrliche Frage-Antwort-Spiel, welches in Zeiten bunter Zopfgummis und klebriger Kaugummi-Eisstiele tatsächlich noch etwas über den Gegenüber aussagte, wurde im Laufe der sexuellen Reife in die Andenken-Box gelegt und weit nach hinten unters Bett geschoben.
Heute spielen wir lieber Ausreden-auf-Knopfdruck oder Ich-umschreibe-es-nett-weil-du-die-Wahrheit-nicht-verkraftest. Das Paradoxe daran: Die Urheber dieser Neuzeit-Spielchen sind gleichzeitig ihre größten Feinde!

Sonntag, 25. April 2010

Auf dem Weg nach Broke-up-City.

Der Punkt, an dem sie bemerkt, dass er ihr nicht gut tut, ist das Resultat wochenlangen Abwägens der ewigen Auf und Abs sowie stundenlanger Therapiegespräche mit ihren Liebsten. Viel zu stark ist die Wunschvorstellung, ihn doch noch ändern zu können.
So verbringen einige von jenen einst emotional Starken fünf Wochen vor dem Telefon – stets dem Glauben nah, er würde sich noch melden – und andere hoffen nach zwei Jahren Gemeinsamkeit noch immer auf eine gefühlstechnische Revolution seiner Beziehungs-Ansichten.
Der Gedanke, ihn loszulassen, da bereits zu viel Nervenkostüm einzubüßen war, schleicht sich nur allmählich zwischen all das Hoffen, Warten und inständige Glauben. Es ist immer ein Stück weit Aufgabe; ein Resignieren, dass der Einen eine gehörige Portion Ego kostet und der Anderen den lang ersehnten Traum der trauten Zweisamkeit zerstört.
Doch auch wenn sich beide im Klaren darüber sind, dass es mehr erfordert als einbringt, wird verhandelt und gefeilscht, was das Zeug hält – bis es reicht. Ist der Betrag der roten Zahlen zu hoch, wird Insolvenz angemeldet. Eine letzte Frist bietet ihm die Möglichkeit der Wahl – allgemein, frei, unmittelbar, gleich und vielleicht auch geheim: Broke-up-City oder Entgegenkommen-Town? Die Entscheidung liegt bei ihm; die Konsequenz bei ihr.

Dienstag, 2. März 2010

Der Satz danach.

Ich will ehrlich zu dir sein: 
Ich bin einfach kein Beziehungsmensch.
Ungefähr so lautet wohl der Satz, den eine Frau unter keinen Umständen am Morgen danach von ihrem vornächtlichen Bettgefährten hören möchte – auch wenn sie selbst vorher noch nicht einmal an ein mögliches Wir gedacht hatte.
Es gibt Männer, die dir die Sterne vom Himmel holen, 150km Fahrt auf sich nehmen, um dir dein Lieblingsgericht zu bringen oder dich den ganzen Weg nach Hause tragen, weil du in deinen viel zu hohen High-Heels keinen Zentimeter mehr gehen kannst. Und dann gibt es da noch die Männer, die dich jedes Mal erneut versetzen, andere Frauen haben und nach dem Sex nicht mehr anrufen.
Die Einen wollen wir nicht, weil wir wissen, dass wir sie haben können – und die anderen wollen wir, weil wir nicht wissen, ob wir sie haben können. So das Prinzip.
Es stellt sich also längst nicht mehr die Frage, was ein vorzeitiges Zuschlagen einer optionalen Tür bei einer Frau auslösen kann – sondern wie sie damit umgeht!

Montag, 1. März 2010

100 Männer im Genpool.

Mein adaptives Unbewusste hat in wenigen Augenblicken bereits eine Entscheidung getroffen – mögen, nicht mögen; mit Vernunft hat das nicht viel zu tun. Die Meinung über das Verhältnis zu einer uns noch fremden Person bilden wir ohne jegliches Einbeziehung von Überlegungen oder das Abwägen von Eventualitäten. Lediglich ein Gesichtsscan genügt, um jemanden anziehend oder abstoßend zu finden.
So reagieren Männer auf zarte Augenbrauen, volle Lippen und einen schmalen Kiefer höchst erfreut und finden in ihrer Trägerin eine fruchtbare Partnerin – während Frauen ganz der Natur verschrieben Männern mit breiten Kiefern und dominanten Knochen unter den Augenbrauen verfallen, obwohl sie um ihren Chauvinismus wissen.
Ist es uns Frauen also bestimmt, unter 100 Männern jenen herauszusuchen, der uns gewiss das Herz bricht – unseren Kindern jedoch einen lobenswerten Genpool mit auf den Weg gibt?

The real Icke oder: Mr B. vs. Mrs M.

Er sagt, es sei vielleicht Schicksal – ich gehe zunächst von einem Fehler in der Internetverbindung aus, aber gut. Fakt ist: Die erste offizielle Runde der Online-Singlebörsen-Freakshow wurde eingeläutet – und ich sitze als völlig selbstloses Jurymitglied in der ersten Reihe.
Der letzte Schritt ist das Treten vor den Bildschirm – oder an die Bar, je nach Belieben. Und für viele ist jener Gang der schwerste. Denn wenn sie kein kilometerlanges Kabel vom Gegenüber trennt und auf eine Frage intuitiv eine Antwort zu folgen hat – ohne dabei lang an die Decke zu starren oder mögliche Fremdwörter im WWW zu googlen – fällt ein Großteil der potentiellen Internetlover in alte Verhaltensmuster zurück. (Und es rächt sich der Grund, warum sie einst zu einem Mittel wie dem Worldwideweb greifen mussten!)
Mr. B. ist scheinbar eine Ausnahme. Kein zweiter Kopf, nur zehn Finger, zwei Hände – auf den ersten Blick scheint er ebenso normal wie der Kellner, der uns den Wein nachschenkt. 

Mittwoch, 24. Februar 2010

Doppelpunkt, Klammer auf.

Meine jahrelange Abstinenz bezüglich der virtuellen Flirtoption wurde innerhalb eines 48-stündigen Crashkurses zum Thema Emoticons und ihre Fehlinterpretation einfach vom Desktop geklickt. Kaum hatte ich ein den Anforderungen entsprechendes Bild hochgeladen, war ich auch schon offizielles Mitglied jener Online-Singlebörse, die mit großen Gefühlen auf nicht minder großen Plakatwänden wirbt.
Ididntknow, Kissmeifyoucan und F-Hainer hatten sich als potentielle Kommunikationspartner ganz gut geschlagen – und doch kamen sie nicht in die nächste Runde, denn: Wer auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten nach tiefgründigen Gesprächsthemen und spannenden Persönlichkeitsanalysen sucht, ist definitiv fehl am Platz. Oberstes Gebot einer jeden Internetplattform: Oberflächlichkeit!
Bereits in der Anmeldephase wird fortwährend darauf hingewiesen, dass ein Profil mit aktuellem Bild die Klickrate um ganze 70% steigert. Was wir also in der realen Welt als intolerant, kurzsichtig und äußerst abgedroschen empfinden, erfreut sich im WWW größter Beliebtheit. Die Profile werden nach geschmacksspezifischen Stereotypen gescannt und bei Nichtgefallen einfach weggeklickt – eine soziale Konfrontation mit einem unzumutbaren Traumpartner kommt somit erst gar nicht zustande und erleichtert den Suchenden ihr tägliches Fristen als scheinbar ambitionierte Beziehungsmenschen.

Dienstag, 23. Februar 2010

Sale!

Zwischen flüchtigen Small-Talk-Schreibereien via Netz-internen Mails verschickt man lächerlich-gelbe Smilies, um das Eis zu brechen oder lädt gleich zum direkten Privatchat ein; ähnlich wie beim Onlineshopping wird auch in der Welt des Cyberflirts die Ware erst auf ihr Erscheinungsbild geprüft, anschließend holt man sich ein paar Material-Infos ein – und dann wird geklickt. Doch leider ist die Auswahl wie am letzten Tag des Sommerschlussverkaufs eher rar: Ein paar Teile sind dabei – nur leider kneifen sie meist hier und da ein wenig.

Neu.de

Meine Meinung über Online-Singlebörsen hatte sich bereits vor einigen Jahren irreparabel in meinen Kopf gebrannt: Wer sich im Cyberspace in Sachen Liebe versucht, scheint schwer vermittelbar in der realen Welt – und das aus gutem Grund!
Nach einigen ziemlich enttäuschenden Belegen für diese These beschloss ich, dem Internet jegliche Chance auf ein Eingreifen in meine Flirtaktivitäten zu verweigern. An diesem Prinzip hielt ich auch eine ganze Zeit lang fest – bis eines Abends das Telefon klingelte und S. mir etwas überschwänglich von einem virtuellen Hottie berichtete, auf den sie im WWW gestoßen war. Zu meiner Verwunderung war S. selbst seit einigen Wochen Mitglied einer natürlich äußerst vielversprechenden Singlebörse, die multimedial mit der Geiselnahme all der verschollenen Seelenverwandten prahlt.
Nach einer langen Debatte über den Grund ihres Portalbeitritts und einer ausführlichen Bewertung des Sixpacks vom blonden Surferboy, entschloss ich kurzerhand meine Prinzipien für eine Woche über Bord zu werfen und klickte mich nur wenige Minuten später durch die Bildergalerie des Online-Flirtportals. 
Entsprechend meiner äußerst niedrigen Erwartungen switchte ich von einem Pseudo-Profil zum nächsten; stets getreu dem Motto:
Image ist das, was man braucht, damit die anderen denken, dass man so ist, wie man gerne wär.
Der Ausschuss scheinbar Bindungs-minderbemittelter Internetlover präsentiert sich dort von seiner besten Seite – jeder zeigt eine perfektionierte Version seines Ichs und geizt erst recht nicht mit herausragenden Eigenschaften, Hobbies oder einer mehr oder weniger reflektierenden Selbsteinschätzung.
Plötzlich tummeln sich männliche Wesen, die Spaziergänge an Sonntagen lieben und Treue und Ehrlichkeit als ihr Steckenpferd sehen, neben hocherotisierenden Frauen, deren Schmerzgrenzen bis aufs Niedrigste heruntergefahren zu sein scheinen und die eine schier grenzenlose Kompromissbereitschaft anbiedern – Es könnte das Eldorado der Pärchenfindung sein…