Mittwoch, 28. Dezember 2011

Plus

"Wir sind die Summe aller Menschen, denen wir jemals begegnet sind", ein Satz, der mich innerhalb der vergangenen Tage mehr als nachhaltig beschäftigte.


Es ist gibt Menschen, die machen uns stärker. Weil sie an uns glauben, hinter uns stehen und uns die Haare halten, wenn wir nach vorn gebeugt fest der Überzeugung sind, das nächste Mal weniger Cocktails wahllos hinunterzuspülen. Andere treiben uns das kitschigste Lächeln ins Gesicht und machen uns glücklich - aus welchen Gründen auch immer.
Und dann gibt es jene, die uns bereits unzählige Male dazu brachten, mit der Decke über dem Kopf tagelang in der gleichen Pose zu verharren, mit Zwischenausflügen zum Weinhändler des Vertrauens - in der Hoffnung, wir würden uns einfach auflösen. Diese sind es auch, die uns noch vor einer zweistelligen Uhrzeit auf der Straße begegnen - wenn wir zwar entzückend aussehen, aber weniger entzückt über ihren offensichtlichen Lebensbeweis sind. Schließlich haben sie uns irgendwann mal dazu gebracht, geisteskranke Rachepläne zu schmieden; nur der Vergeltung wegen. Todsünde? Ja. Unangebracht? Nicht im Geringsten.

Wenn also die Guten wie die Schlechten mit ihrer Anwesenheit in unserem kurzweiligen Dasein herumpfuschen und nachträgliche Spuren hinterlassen, um uns auszumachen, wieso setzen wir dann alles daran, das gute wie schlechte Herumgepfusche nach dem offiziellen Ableben der Einzelnen in unserer emotional-verworrenen Chaos-Theorie namens Gefühlswelt herauszuschneiden? Sollten wir nicht dankbar sein? Für die Erkenntnisse, für das Mehr-Wissen, für das Wachsen? Wir könnten uns weise verhalten: Ihre Existenz akzeptieren und den nicht wiedergutzumachenden Schaden als Neuanfang sehen. 
Könnten wir. Wären da nicht all die bösartigen Wunschvorstellungen, Stoßgebete und das niederträchtige Fingerkreuzen. Die dunklen Gedankengänge, in denen wir fabelhaft aussehen und hämisch Grinsen.

[...]

Dienstag, 13. Dezember 2011

Bauchreden


Ich bin ein Bauchmensch. Auch wenn mich die ein oder andere mehr oder weniger intensiv-quälende/herzlichst belanglose Erfahrung dazu hätte bringen müssen, den Kopf regelmäßig über das Gefühl zu stellen, bleibe ich dabei. Bei Haarfarben, Schuhen und Männern. Weil es sich ja auch irgendwie immer ausgezahlt hat. Denn: Mein Bauchgefühl ist eigentlich so ziemlich Weltklasse. Und un-eigentlich ist es unübertrefflich. Aber: Wir machen ja alle mal Fehler.
Was kann schlimmstenfalls passieren, täuscht uns das Gefühl? Eine hässliche Frisur, eine fürchterlich drückende Riemchen-Sandalette (Die aber diese wunderschönen Volants auf dem Spann hat!) oder vielleicht sogar eine leidselige Gefühlsduselei? 

Für ersteres haben wir unseren Friseur des Vertrauens (und im schlechteren Fall: den Spiegel danach), für die zweite Missetat gibt es die Liebstinnen, die uns davon abhalten - so uneigennützig, wie es nur Leidensgenossinnen können. 
Für das letztere aber käme wohl noch nicht mal ein Tsunami-Schutzwall in Frage. Da rennen wir eben rein oder nicht - Bauchgefühl? Sag was! 
Und dann machen wir den ersten Schritt ohne die Antwort abzuwarten. Und eh wir uns versehen, stehen wir knietief im Wasser und sehen die Welle auf uns zurollen. Wieder warten wir auf Anweisung des körpermittig sitzenden Orakels. Augen zu und durch? Aber!

Schauen wir zurück, war es bloß ein feiner Nieselregen.
Oder?

Sonntag, 11. Dezember 2011

Mein Karma, dein Karma, scheiß Karma

Erst passiert etwas Schlimmes. Wir regen uns auf, sind empört, entsetzt, entrüstet, bestürzt, am Boden. Dann suhlen wir uns ein bisschen in der von uns empfundenen Ungerechtigkeit und im eventuell zustande gekommenen Schmerz. Um dann aufzustehen, den Staub abzuklopfen und getreu dem Motto "Nach dieser Zeit kommt eine andere!" erhobenen Hauptes weiterzuziehen.
Bis etwas noch Schlimmeres passiert. Nach einer anhaltenden Phase der unmöglichsten Begebenheiten versuchen wir, die Wurzel zu erkennen. Rein logisch, physikalisch, biologisch - vielleicht sogar mathematisch. Wir kommen zu dem unumgänglichen Entschluss: It's Karma, Baby. Und die große Reise der Selbsterkenntnis beginnt. Dazu braucht man nicht unbedingt einen bärtigen Mann mit Nickelbrille, dem man im Stundentakt 250€ in die Tasche steckt. Ein Telefon plus Kurzwahltaste genügt. Dann wird philosophiert, debattiert, diskutiert, verglichen, auseinandergenommen und analysiert, um später zu beschließen: It's Karma, Baby. Wir drehen uns nicht im Kreis. Wir laufen gegen eine Wand. Und schließlich, bei Zigaretten und Wein, fettiger Pizza und Nougat-Eis, macht es Sinn: Wir zeigen Demut. Merken, dass alles seine Berechtigung hat. Warum A vor B kommt und weshalb Minus mal Minus immer Plus ergibt. Der nächste Morgen: Aufwachen, aufstehen, Wimpern getuscht. Bis zur Tür fühlt es sich noch richtig gut an. Dann passiert etwas noch viel Schlimmeres. 

Hey Baby, will you join me in a drink?