Ein Philosophie-Student erzählte mir mal, dass das erste, was er in seinem Studium gelernt hatte, die Tatsache gewesen ist, dass wir im Grunde genommen rein gar nichts wissen. Das war wohl so ziemlich das Erleichterndste und Erschreckendste zugleich, was ich jemals hörte. Denn obwohl ich ein wirklich überaus großer Fan vom Deuten und Dechiffrieren bin, ist es wohl so, dass auch der größte Analytiker irgendwann an den Punkt kommt, Gewissheit haben zu müssen. Weil wir manchmal mit all dem Rätselraten gegen die Wand fahren. Und große Gefahr laufen, dabei den eigenen Kopf zu verlieren. Ich frage mich: Wann haben wir damit angefangen, zwischen den Zeilen zu lesen? Und vor allem: Warum? Wieso ist ein Wort kein Wort mehr und eine Tat nur noch Symbolik? Warum regiert Rhetorik den Alltag und nicht die Botschaft selbst?
Es gibt Dinge im Leben, bei denen ein Buch, das alle Antworten hat, mehr als hilfreich wäre. Spätestens dann, wenn wir uns bewusst werden, auf der Stelle zu treten. Denn manchmal kann so ein direkter Fakt ungeahnte Dynamik auslösen. Was wir also bräuchten, wäre quasi eine Enzyklopädie der emotionalen Intelligenz. Zumindest hätten wir dann die Wahl, könnten uns selbst überprüfen. Doch stattdessen verirren wir uns mehr und mehr in einem Taumel von Hoffen und Glauben, Meinen und Denken – ohne dabei auch nur den geringsten Schimmer zu haben. Also fangen wir an, zu ergründen, alles hervorzukramen, jedes Einzelne findet seine eigene Beleuchtung. In welchem Licht? Das ist wohl stimmungsabhängig und beugt sich der mentalen Persönlichkeit des Individuums. Wo bereits das vielleicht grundlegende Problem liegt: Wie können wir uns sicher sein, dass das Gesendete auch empfangen wird? Oder besser: Wie groß ist die Chance, dass wir das, was gesendet wird, auch tatsächlich empfangen?
Wenn der Philosophie-Student, mitsamt seiner Mitstudenten, Professoren und Institutionen, tatsächlich recht hat, wenn wir wirklich nichts wissen können, dann würde das bedeuten, dass wir immer und nie eine Chance haben; dass wir alles und nichts erreichen. Die Frage: Ist das jetzt gut oder schlecht?