"As You Like It", das Stück, in dem Shakespeare bereits zum Ende des 16. Jahrhunderts feststellte:
"All the world's a stage
And all the men and women merely players;
They have their exits and their entrances,
And one man in his time plays many parts [...]"
Es ging um Liebe; die auf den ersten Blick. Auch oder vielleicht ganz besonders sie drückt uns ein bereits verfasstes Skript in die Hand – mit Handlungsrahmen, den auftretenden Protagonisten und einem Dramen-Dreieck, das ganz hollywoodesque für die großen Momente sorgen wird. Der erste Eindruck ist entscheidend. Danach gestaltet es sich eher schwierig, ein bereits vorhandenes Rollenbild zu korrigieren. Mögen einzelne Justierungen noch im Rahmen sein, endet ein spontaner Image-Wandel meist in einer mittelschweren Katastrophe. Weil wir uns daran gewöhnen – an die Rolle unseres Gegenübers. Und an unsere eigene. Wir wachsen mit ihr, lernen, innerhalb ihres Rahmens zu improvisieren und, was viel wichtiger ist: Wir perfektionieren sie.
Mehr als 300 Jahre später stellte der Soziologe Erving Goffman dafür seine Theorie zur Selbstdarstellung im Alltag auf. Der Anspruch, das eigensinnige Wesen des Einzelnen zu wahren, brachte – ähnlich wie bei Shakespeare – das Alltägliche als Schauplatz mit und machte ebenfalls jeden zum Darsteller. So liegt es an uns, eine Rolle zu wählen. Und ebenso, sie zur Oscar-Nominierung zu treiben.
Haben wir uns erst einmal entschieden, kann es schwer fallen, eine andere Ewartung zu erfüllen. Selbst dann, wenn es uns doch eigentlich ein Bedürfnis ist. Was sich für "die Unterhaltsame" langfristig bewährt hatte, kann innerhalb eines Aktes von nicht sofort erkennbarer Ernsthaftigkeit nicht nur irritierend sein, sondern das ganze Drehbuch über den Haufen werfen. Oder die Rolle des Kumpeltyps: In gemütlichen Kreisen eine beliebte Figur. Bis der andere Kumpel die Hand auf ihren Schenkel legt und leise flüstert: "Sexyness, bitte. Und: Action!"
Natürlich: Wir können alles sein. Und haben ja auch die Wahl. Wirklich gut sind wir allerdings nur in den Rollen, mit denen wir uns bereits intensiv auseinandergesetzt haben. So wäre Courtney Cox nie eine Rachel und Jennifer Aniston keine Phoebe. Aber das ist okay. Denn Courtney ist eben eine bessere Monica. [...]
Doch der Anspruch innerhalb der Filmbranche wächst. Und ehe wir uns versehen finden wir uns in Momenten wieder, in denen Vielschichtigkeit und Flexibilität innerhalb unseres Schauspiels die maßgebenden Parameter sind. Hatten wir uns gerade daran gewöhnt, uns mit der Rolle unseres Lebens abzufinden, verlangt unser Gegenüber nun, uns völlig neu zu entdecken. Das kann aufregend sein. Und gleichzeitig die blanke Angst durch die Adern jagen.
Sind wir eine wirklich so gute Aktrice, wie wir immer dachten? Oder war es nur diese eine Rolle, die uns so ausgezeichnet stand? Was, wenn unser schauspielerisches Talent nicht ausreicht, unserem neugewonnenen Publikum gerecht zu werden? Wenn wir einfach nicht aus unserer Haut können? So viel Maske kann es nicht geben, um all die Zweifel und Unsicherheit wegzupudern.
Erst einmal an diesem Punkt angelangt, müssen wir uns entscheiden: Wir können den Part absagen, obwohl das Drehbuch viel versprach. Oder aber, mit ein bisschen Übung, uns der neuen Rolle stellen; uns mit ihrem Charakter auseinandersetzen, ihn versuchen, auf die für uns bestmöglichste Art und Weise zu interpretieren. Um damit dann vielleicht noch keinen Oscar zu bekommen, aber möglicherweise für die MTV Movie Awards nominiert zu werden – in der Kategorien "Beste Newcomerin".
1 Kommentar:
Hey, schön den Goffman adaptiert :-) der Teil hat mir wirklich gut gefallen, auch als man dann durch einander geworfen wurde, mit Film und Realität und ich kurz nicht mehr wusste, ob du noch von einem normalen Leben redest oder von einem Film. Das vermischt sich ja irgendwie eh alles, ich hab schon oft gedacht, dass ich gern passende Hintergrundmusik hätte ;-D
Der perfekte Moment um eine vollkommen neue Rolle anzunehmen, ist in eine unbekannte Umgebung zu kommen, das ist es warum ich es so genieße neue Orte kennen zu lernen an denen ich keinen einzigen Menschen kenne. Wirklich komisch wird es dann, wenn man seine Rolle verändert hat und wieder in die alte Szenerie mit den gleichen Nebendarstellern kommt und die nicht mit der neuen Rolle zurechtkommen... man stelle sich einen Charly Harper der jetzt bekennender Christ ist und dem Alkohol abgesagt hat vor, der in Two and a half man wieder auftaucht.
Kommentar veröffentlichen