Freitag, 17. Februar 2012
Dienstag, 14. Februar 2012
Cheers
Mit Männern verhält es sich
manchmal wie mit dem Lieblingsgetränk: Über die zahlreichen Bar-Abende hinweg
hat man herausgefunden, auf welche Basis man besonders steht, welche Komponente
das Ganze noch toppen – und ob man auf Cocktailkirschen verzichten kann oder eben
nicht. Wurde man also eines Abends, völlig unerwartet und ahnungslos, von einem
sagenhaften Mix an Spirituosen, Säften und schönster Deko völlig um den
Verstand gebracht, möchte man nur noch ihn, den Einen. Diese eine besondere
Mischung aus sauer, süß und viel zu stark, die die Ohren sausen und die
Mundwinkel so beschwingt nach oben schnellen lässt.
Dann: der Morgen danach. Die
Erinnerung verschwimmt, das letzte Nippen verschwindet gedanklich zwischen
Nikotin und Käse-Nachos und der Abend bleibt als buntes Aquarell in unseren
noch zerzausten Köpfen. Bis das Gedächtnis nur noch mickrige Überbleibsel
dieser besonderen Begegnung zusammenkratzt und wir es wieder brauchen: dieses
Kribbeln in der Zunge, bevor sie taub wird und die warmen Wellen, die nach dem
ersten Lippenbefeuchten selbst unser Rouge noch erröten lassen. Doch was kommt?
Enttäuschung. Denn was unseren Puls im Stammlokal noch vor zwei Wochen zum
Rasen brachte, ist jetzt viel zu bitter, treibt uns die Tränen in die Augen und
lässt uns zeitgleich panisch nach Luft schnappen. Ein guter Drink ist eben
nicht zwingend ein guter Drink, nur weil alle Zutaten in ihm vereint sind – die
feinfühlige Mischung macht’s.
Ich für meinen Teil bin ein
großer Freund des Whiskey Sours: Da hast du etwas wirklich Starkes, etwas fast
schon Fundamentales, neben dem du noch mehr Mädchen sein kannst, als es der
pinke Lippenstift am Gläserrand eh schon zulässt. Dazu die Zitrone. Pur würde sie
vielen von uns den blanken Schmerz ins Gesicht jagen – in Kombination mit der
richtigen Menge an fast schon widerlich süßem Zuckersirup hingegen bildet das
die Perfektion an geschmacklicher Berg-und-Tal-Fahrt.
Doch die Erfahrung lehrte mich,
dass mir auch ein Whiskey Sour den Abend verderben kann: Indem er nur stark ist
– ganz ohne süß-saurem Zungenspiel. Oder viel zu süß. Oder zu sauer. Oder – und das ist wohl
der schlimmste aller Fälle – ohne Whiskey.
In der Karte finde ich ihn
überall unter seinem Namen, er ist ein Klassiker. Aber es passiert nur wirklich
selten, dass er mich so umhaut wie beim ersten Mal. Ich kann demnach
zweifelsfrei sagen, dass ich in mehr Gläser voll Gepanschtem als gut Gemixtes
hineinsah.
So laufen wir alle Gefahr, uns
mit der Zeit mit den billigen Fusel-Klonen und dem verhunzten Zuckerrand
einfach abzufinden. Weil wir den Unterschied nicht mehr bemerken. Und schnell
vergessen wir den Grund, warum wir eigentlich immer auf die Cocktail-Happy-Hour
verzichteten, um lieber einen Longdrink zu bestellen. Und beginnen zwangsweise,
an viel zu Süßem oder etwas mit Wodka Gefallen zu finden.
Ich habe ihm noch mal eine
Chance geben. Weil ich in alten Erinnerungen schwelgte. Oder einfach nur keine
Lust mehr auf „Spanish Temptation“, „Watermelon Man“ und all die anderen Schirmchen-Variationen
hatte. Ich versuchte es einfach; an dem Mahagoni-Tresen auf dem schwarzen
Leder-Hocker, weil der Barkeeper so unglaublich weise aussah.
Und als ich diesen charmanten Klassiker der alten Schule im Tumbler in meiner Hand schwenkte, die Cocktailkirsche schon zwischen den Fingern zwirbelnd, wusste ich, warum ich
ihn mehr mochte, als all die anderen in schillernden Chemie-Farben, mit
kiloweise Tropen-Obst verziert: Weil er klassisch war. Und weil ich ihn genau so
mochte. Nur hatte ich ganz vergessen, wie die richtige Mischung schmeckte.
Montag, 13. Februar 2012
Felsenlose Brandung
Schwierig wird es, wenn diese festen Gegebenheiten keinen Halt mehr finden. Wenn sie davon gespült wurden. Wenn ein gängiges Verhalten keine Verwendung mehr findet und dafür von völlig Absurdem ersetzt wird.
Was machen wir ohne all die Klischees, Schubladen und vorgefertigten Deutungsmustern? Wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, aber kein Fels weit und breit zu sehen ist? Wir können noch einen Schritt weiter gehen, bis auf die Zehenspitzen. Oder einfach zurück ans Land, um von dort aus die Weite zu genießen.
Sind wir also eher bereit, einen brüchigen Felsen zu greifen, als uns in warmen Gewässern treiben zu lassen – mit der Option, eine ganze Insel zu entdecken?
Sind wir also eher bereit, einen brüchigen Felsen zu greifen, als uns in warmen Gewässern treiben zu lassen – mit der Option, eine ganze Insel zu entdecken?
Samstag, 4. Februar 2012
Mit Otis und 30 pinken Törtchen einen Schritt nach rechts
In Momenten der Selbstzweifel halte ich es in der Regel wie folgt: Ich versinke in den Tiefen meines Bettes, umzingelt von Kissen, Decken und weiterem Weichen, setze die Flasche Roten an und unterbreche das Kippen nur, um die schnulzigen Filmklassiker an die wirklich herzzerreißendsten Stellen vorzuspulen. Dann suhle ich mich im eigenen Mitleid und bedaure mich für die offensichtlich mehr als unfaire Version meines Lebens.
Das Ganze zieht sich meist über eine Hand voll
Tage hin, in denen ich für die Außenwelt unerreichbar bin. Bis irgendjemand mal
wieder nicht locker lassen kann und mich mit permanentem Telefongeklingel quasi
an den Haaren aus dem wehleidigen Emotionssumpf zieht. Doch diesmal nicht.
Nicht so. Ich entschied mich gegen die alte Taktik – für eine neue.
Es brauchte diesen einen Ort, an dem mein Geist
in einem gut gepolsterten Himmelbett eine Zeit lang verschnaufen kann. Weil
dort das aus den Augen Geratene gleichsam aus dem Sinn verschwindet. Und um das
ganze wirre Überlegungsgestrüpp endgültig gen Kopfkino-Ausgang zu lotsen,
entschied ich mich im heiligen Gedankenhimmel für das für mich Undenkbare: Mit
der seelischen Unterstützung von Otis Redding heizte ich den Backofen vor und
griff mit beiden Händen ehrfürchtig zur Backbibel. Der Inhalt blendete: all die
kleinlichen Maßeinheiten und die penible Vorschrift über das Trennen von Eigelb
und -weiß. Jeder, dessen Lebensstil von Maßlosigkeit
geprägt ist, weiß, wie ungeheuer einem die Konfrontation mit dem
Regelkonformen sein kann.
Aber nachdem ich mich mit dem Farbverlauf der Eier siegreich herumschlug und lernte, den Mixer nicht bei voller Umdrehung aus der Rührschüssel zu nehmen, hatte es etwas sehr Beruhigendes.
Kann es manchmal nicht auch einfach offensichtlich sein? Warum immer auf die eigene Faust, wenn doch das Rezept bereits geschrieben wurde? Wir müssen keine 5-Sterne-Patissières sein, um halbwegs nette Törtchen zu kreieren – weil es im Grunde nur der richtigen Maßangabe bedarf.
Vier Stunden später war das erste Blech meines Lebens komplett: 30 kleine Schoko-Cupcakes, deren neonpinke Hauben abwechselnd mit rosaroten Herzchen und pinkem Glitter übersät waren.
Ich hatte also gebacken. Was gar nicht so unglaublich langweilig und aufwendig war, wie ich immer dachte. Gut, es ist auch kein konkurrierendes Hobby zu Bungee-Jumping – aber wenn ich mir in den Kopf zurückrufe, dass meine alternative Problembewältigung üblicherweise ihren dramatischen Höhepunkt auf dem Boden der Weinflasche bei Maggie Rices Unfall (nachdem Seth endlich seine Unsterblichkeit für sie hergab) fand, sind ein gutes Dutzend Schoko-Törtchen wohl zumindest nachhaltiger.
Und als mich der großartigste Soul-Sänger aller Zeiten über die wirklich wichtigen Ding des Lebens aufklärt, wird mir klar, dass es manchmal genau das Richtige ist: seine eigenen Klischees zu brechen, sich selbst zu verwundern. Ewig Weg x zu wählen, weil er bisher mehr zum Image der eigenen Selbstwahrnehmung passte, kann am Ende auch in eine niederschmetternde Sackgasse führen. Dann sind wir uns vielleicht auf den ersten Blick immer treu geblieben, aber der zweite fragt: Ist nicht gerade das ein bisschen zu einfach?
Und während sich das rosarote Wasser durch den Abfluss zwirbelt, wird mir klar, dass wir es sind, die die Wahl haben: Gehen wir den üblichen Weg geradeaus weiter – oder brechen wir aus, um unseretwillen, und gehen einfach mal einen Schritt nach rechts?
Aber nachdem ich mich mit dem Farbverlauf der Eier siegreich herumschlug und lernte, den Mixer nicht bei voller Umdrehung aus der Rührschüssel zu nehmen, hatte es etwas sehr Beruhigendes.
Kann es manchmal nicht auch einfach offensichtlich sein? Warum immer auf die eigene Faust, wenn doch das Rezept bereits geschrieben wurde? Wir müssen keine 5-Sterne-Patissières sein, um halbwegs nette Törtchen zu kreieren – weil es im Grunde nur der richtigen Maßangabe bedarf.
Vier Stunden später war das erste Blech meines Lebens komplett: 30 kleine Schoko-Cupcakes, deren neonpinke Hauben abwechselnd mit rosaroten Herzchen und pinkem Glitter übersät waren.
Ich hatte also gebacken. Was gar nicht so unglaublich langweilig und aufwendig war, wie ich immer dachte. Gut, es ist auch kein konkurrierendes Hobby zu Bungee-Jumping – aber wenn ich mir in den Kopf zurückrufe, dass meine alternative Problembewältigung üblicherweise ihren dramatischen Höhepunkt auf dem Boden der Weinflasche bei Maggie Rices Unfall (nachdem Seth endlich seine Unsterblichkeit für sie hergab) fand, sind ein gutes Dutzend Schoko-Törtchen wohl zumindest nachhaltiger.
Und als mich der großartigste Soul-Sänger aller Zeiten über die wirklich wichtigen Ding des Lebens aufklärt, wird mir klar, dass es manchmal genau das Richtige ist: seine eigenen Klischees zu brechen, sich selbst zu verwundern. Ewig Weg x zu wählen, weil er bisher mehr zum Image der eigenen Selbstwahrnehmung passte, kann am Ende auch in eine niederschmetternde Sackgasse führen. Dann sind wir uns vielleicht auf den ersten Blick immer treu geblieben, aber der zweite fragt: Ist nicht gerade das ein bisschen zu einfach?
Und während sich das rosarote Wasser durch den Abfluss zwirbelt, wird mir klar, dass wir es sind, die die Wahl haben: Gehen wir den üblichen Weg geradeaus weiter – oder brechen wir aus, um unseretwillen, und gehen einfach mal einen Schritt nach rechts?
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