Donnerstag, 7. Juni 2012

Manchmal macht es nicht „Bäm!“ – sondern „B…ä…m“

 
Mit „Crash! Boom! Bang!“ trafen es Roxette Mitte der 90er so ziemlich auf den Kopf. Sie benannten gleich ein ganzes Album nach diesem Gefühl, das dich rücklings packt und zu Boden wirft. Keine Luft mehr kriegen, weiche Knie, sich aufführen wie ein Volltrottel – ein fantastisches Gefühl. Und noch viel besser: Man weiß weder, warum genau, noch wie lange das jetzt anhalten wird. Ist ja auch egal; vermutlich für immer. Oder zumindest bis zur Hälfte.
Doch was passiert, wenn es kein „Bäm!“ gibt? Wenn uns nichts „die Schuhe auszieht“, uns rasendes Herzklopfen verpasst? Wenn da nicht dieses Kribbeln in den Fingern ist, die hektisch Nachrichten ins Handy tippen und danach doch zu feige sind, sie abzuschicken, und unser Verstand auch nicht überall Doppelgänger enttarnt oder das zumindest will? Ist es zwingend keine Herzenssache, wenn eventuell-Nachrichten erst gar nicht in Frage kommen und sich Sexträume ausschließlich um Sex drehen – ohne Vorgeschichte und Nachspiel?


Wir können Menschen aus den verschiedensten Gründen mögen: weil sie charmant sind, so unglaublich intelligent, uns zum Lachen bringen, verworrene Sätze verstehen, bevor wir sie überhaupt beendet haben, weil sie wissen, das Richtige zu sagen und in den richtigen Momenten die Klappe zu halten, weil sie unseren Chardonnay-Konsum teilen, unsere Küche deflorieren oder die perfekte Mischung aus „Ich brauche meinen Platz im Bett!“ und „Ich will deinen Körper: hier, jetzt!“ finden. Körperliche Sympathie kann entstehen, wenn aus Diskussionen über Weltpolitik und Sozialpsychologie heißes Aneinanderreiben wird und findet seine Bestätigung, wenn die Finger nicht mehr auf der eigenen Seite des Bettes bleiben, hätten sie doch die Möglichkeit. Und trotzdem können wir nach Hause gehen, Wäsche waschen, den Abwasch machen oder seelenruhig unsere Schuhe sortieren, ohne, mit Freundin am Ohr, den Schallplatten-Hänger mit seinem Namen in Endlosschleife abzuspielen. Kann dann „mögen“ genug sein?
Vielleicht ist es eine Theorie, die sich mit dem Wachsen und Reifen rund um das L-Wort bestätigt. Denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt, wer nichts riskiert, hat keinen Spaß und wenn wir dadurch nicht schon gestorben sind, langweilen wir uns noch heute. Haben wir also unser Kontingent an Crashs, Booms und Bangs ausgeschöpft, gab es da schon die Zahl x, die uns hätte zeigen sollen, dass alles Verknallen und Verzücktsein letztendlich in großem Nichts endete, sollten wir es besser wissen. Doch tun wir nicht. Bis uns jemand sagt, der immer zwei Jahrzehnte weiser sein wird als wir selbst, dass es sich auch entwickeln kann. Weil es manchmal eben nicht „Bäm!“ macht, sondern „B…ä…m“.

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