Dienstag, 20. November 2012
Von Soulmates und Spülmaschinen
Seinen Seelenverwandten finden: Das ist die Bürde, mit der uns das Leben demütig hält. Der Mythos um diese eine Person, die uns vervollständigt, erweitert und uns zu etwas Neuem macht, das mehr wir selbst ist, als wir es je für möglich hielten.
Nehmen wir an, das ist tatsächlich so. Dann gibt es genau drei Möglichkeiten für uns, diese Theorie zu bestreiten: Wir können ihn finden, nie treffen oder ihm begegnen – um dann festzustellen, dass es nicht funktioniert. Das würde bedeuten, dass zwei Drittel der eventuell eintretenden Ereignisse ein eindeutig negatives Ergebnis nach sich ziehen. In erster Hinsicht für uns, in zweiter vielleicht auch für unseren Soulmate.
Diese vernichtende Statistik ist ein unausgesprochener Fakt, der sich wie ein Schatten über all die rosaroten Brillengläser und siebten Wolken legt. Und das bereitet Kopfzerbrechen. Denn die Angst, ihn zu verpassen, ihn vielleicht nie zu finden, wird zur allgegenwärtigen Last, die bei permanenter Anwesenheit für Wundschmerz sorgt. So laufen wir Gefahr, uns in einer Fata Morgana zu verlieren oder an etwas festzuhalten, das nicht zu greifen ist. Die Ironie daran erkennen wir erst, wenn die automatische Worterkennung unseres Telefons aus ihm, dem einen Großen, „Spülmaschine“ macht. Ich hatte mal eine, ein vermeintlicher Soulmate nahm sie mit. Seitdem wasche ich lieber per Hand ab.
Montag, 12. November 2012
Wenn
Sonntag, 11. November 2012
Donnerstag, 8. November 2012
Der höchste Preis für Machtlosigkeit
Doch es sind nicht nur ungelöste Rätsel, die uns dazu veranlassen, jemanden um etwas zu bitten. Zielorientiertes Handeln ist auf Hinblick langfristiger Befriedigung ebenso möglich wie für den Kick des Augenblicks. Und wenn wir etwas wollen, müssen wir bereit sein, etwas zu geben. Auch wenn wir nicht wissen, ob es unserem Gegenüber wert genug ist, uns mit dem auszuhelfen, wonach wir uns sehnen. Alles, was wir tun können, ist es zu versuchen; wenn wir das ganz Große wollen, müssen wir den höchsten Preis zahlen. So wird ein „Ich liebe dich" zum „Liebe mich!", ein Kompliment zum Verlangen nach Selbstbestätigung und ein tränenreicher Abschied zum letzten Versuch, ihn nicht gehen zu lassen.
Wir offenbaren uns nicht der Offenbarung wegen. Wir lassen die lebenslang aufgebaute und perfektionierte Fassade nicht fallen, weil wir in einem Anflug von Selbstlosigkeit Tonnen von Gefühlen in Zehnliter-Eimern in die Welt schütten wollen – einfach so. Wir tun das, weil wir etwas erwarten. Auch wenn wir nichts erwarten.
Das Problem bei diesem Tausch ist, dass ein Machtgefälle zur brutalen Abhängigkeit führt. Denn wenn wir uns bewusst darüber sein können, dass das, was wir um jeden Preis wollen, nur von dem Einen zu kriegen ist, werden wir folglich immer wieder versuchen, und immer wieder mehr setzen. Wir sind machtlos.
Es stellt sich die Frage, ob wir irgendwann ausreichend Wert zusammentragen können, um das, was wir so sehr wollen, zu bekommen. Denn Wertschätzungen sind subjektiv. So, wie wir unseren Einsatz betrachten, muss er nicht zwingend gewichtet werden. Kann es also je genug sein, alles zu geben?
Sonntag, 4. November 2012
Statistischer Herzwert
In der Mathematik wie im Leben haben wir es mit der Analyse von Häufigkeitsverteilungen zu tun. Dabei sind die Werte nicht zwingend allein metrischen Niveaus, sondern vermögen auch kategoriale Variablen einzunehmen. Denn wenn wir uns fragen, wie viel uns etwas wert ist, können wir die Schmerzgrenze für ein Paar neue Wildleder-Slingpumps bei 490€ Euro festlegen. Doch wo genau tragen wir das Maximum einzugehenden Verlusts für eine Liebschaft ab?
Fest steht: Kleinste Einheiten, Extremwerte und Wendepunkte lassen sich erst im Rückblick auf das, was Untersuchungsgegenstand war, ablesen. Wir wissen nicht, wie sich eine Funktion in ihrem Lauf entwickeln wird, bevor wir nicht alle notwendigen Werte des Stichprobenumfangs eingeholt haben. Weil wir nicht hellsehen können. Und weil wir hoffen. Und weil wir auch nicht wissen, ob die Slingpumps in der kommenden Woche reduziert oder ausverkauft sein werden.
Was wir jedoch in prekären Situationen tun können, ist, die Spanne des Nullpunktes bis zum Ist-Zustand zu analysieren. Wir können unsere Gedanken von Anfang bis zum Jetzt die Kurve zeichnen lassen. Und sehen: Wie hoch waren die Werte wirklich, die wir in der Zeit eingingen? Wie verteilten sich Glücksmomente und kopfzerbrechende Nächte? Sind Zeit und Schmerz zwei sich proportional zueinander verhaltende Parameter? Tut es mehr weh, je länger es dauert? Oder ist es eine sich ausgleichende Balance – zwischen Wut, Trauer und feuchten Laken wie stundenlangen Augenblicken? Welche Maßeinheit hat ein verschwommener Mascara, ein verwischter Lidstrich, gegenüber zwei festgreifenden Händen? Kann ein gemeinsamer Wille größer sein als die Zahl des Kilometerzählers? Die Frage ist: Wann fängt es an, sich auszuzahlen und wann hört es auf sich zu lohnen?
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